Moser, Friedhelm - Kleine Philosophie für Nichtphilosophen.pdf
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DER FRIEDE: Stimmt. Dschingis Khan und Attila, Cortez und Pizarro,<br />
Adolf Hitler – alles unheimlich kreative und fortschrittliche Männer.<br />
DER KRIEG (eisig): Sie wollen mich nicht verstehen. Wie ich Sie kenne,<br />
werden Sie auch nicht wahrhaben wollen, dass der Krieg <strong>für</strong> viele<br />
Männer die Erfüllung eines Lebenstraums darstellt. Die Spartaner<br />
schmückten sich vor jeder Schlacht, als gingen sie zu einem Fest.<br />
Oder denken Sie an den bushido, den japanischen »Weg des Kriegers«!<br />
In der Ethik der Samurai war alles auf Kampfkraft, Treue und<br />
Todesverachtung im Geiste des Zen-Buddhismus ausgerichtet. Der<br />
Krieg wurde zur spirituellen Prüfung. Auch im westlichen Denken<br />
hat das Fronterlebnis immer wieder quasi-religiöse Empfindungen<br />
hervorgebracht. Ernst Jünger beschreibt seine Begeisterung im August<br />
1914 wie folgt: »Wir hatten Hörsäle, Schulbänke und Werktische<br />
verlassen und waren in den kurzen Ausbildungswochen zu<br />
einem großen, begeisterten Körper zusammengeschmolzen. Aufgewachsen<br />
in einem Zeitalter der Sicherheit, fühlten wir alle die Sehnsucht<br />
nach dem Ungewöhnlichen, nach der großen Gefahr. Da<br />
hatte uns der Krieg gepackt wie ein Rausch.« Der Krieg war das<br />
Abenteuer schlechthin, der ultimative Initiationsritus, mit einer eindeutig<br />
erotischen Färbung: »In einem Regen von Blumen waren wir<br />
hinausgezogen, in einer trunkenen Stimmung von Rosen und Blut.<br />
Der Krieg musste es uns ja bringen, das Große, Starke, Feierliche.<br />
Er schien uns eine männliche Tat, ein fröhliches Schützengefecht<br />
auf blumigen, blutbetauten Wiesen. ›Kein schönrer Tod auf dieser<br />
Welt.. .‹. Ach, nur nicht zu Haus bleiben, nur mitmachen dürfen!«<br />
DER FRIEDE (wütend): Das sind doch faschistoide und nekrophile Ideen!<br />
Und dazu durch und durch verlogen: Ihre Spartaner waren brutale<br />
Sklavenhalter mit einer SS-Moral. Und was verbirgt sich hinter dem<br />
Samurai-Mythos? Die meisten waren nichts weiter als verkommene<br />
Landsknechte, die ihre Schwerter mit Vorliebe an wehrlosen Reisbauern<br />
ausprobierten. Den jungen Burschen aber, die wie Ernst<br />
Jünger empfinden, würde ich einen guten Psychiater empfehlen<br />
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