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Moser, Friedhelm - Kleine Philosophie für Nichtphilosophen.pdf

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Gleichheitszeichen. Die Ausdrücke »Bill Clinton« und »der 42.<br />

Präsident der Vereinigten Staaten« sind austauschbar.<br />

2)Es kann ausdrücken, dass etwas Element einer Menge ist: Bill<br />

Clinton ist US-Amerikaner.<br />

Diesen Satz könnte man umformulieren: Bill Clinton gehört<br />

zum Volk der US-Amerikaner.<br />

3)Es kann ausdrücken, dass eine Menge Teil einer anderen Menge<br />

ist: Jeder Präsident der Vereinigten Staaten ist US-Amerikaner.<br />

Die Präsidenten sind eine Teilmenge des Volkes.<br />

4)Es kann die Existenz ausdrücken: Bill Clinton ist. Diesen starken<br />

Gebrauch – im Sinne von »Bill Clinton existiert« – kann man<br />

auf <strong>Philosophie</strong>kongressen antreffen (»Das Sein ist.«) sowie vor<br />

tätlichen Auseinandersetzungen (»Was guckste so blöd? Ist<br />

was?«).<br />

�<br />

Auch sonst ist die Sprache ein Meer von Mehrdeutigkeiten. Völlig<br />

konfus wird's bei Wörtern wie »Liebe«. Man kann sagen: »Ich liebe diesen<br />

Käse!« oder »Ich liebe meine Feinde!« oder »Ich liebe dich, mein<br />

Schatz!« In jedem dieser Fälle steht das Wort »lieben« <strong>für</strong> ein grundlegend<br />

anderes Gefühl. Und die Bandbreite der Bedeutungen von »Ich<br />

liebe dich!« reicht von »Ich würde mein Leben <strong>für</strong> dich geben!« bis<br />

»Bleibst du noch zum Frühstück?« Also Vorsicht bei »großen« Worten.<br />

Nicht überall, wo »Liebe« draufsteht, ist auch Liebe drin. Und nirgendwo<br />

exakt die Liebe, die man selbst meint.<br />

»Die Sprache verkleidet den Gedanken«, meinte Wittgenstein. »Und<br />

zwar so, dass man nach der äußeren Form des Kleides nicht auf die<br />

Form des bekleideten Gedankens schließen kann ... So entstehen leicht<br />

die fundamentalsten Verwechslungen (deren die ganze <strong>Philosophie</strong> voll<br />

ist).« Und er schlug vor: »Um diesen Irrtümern zu entgehen, müssen<br />

wir eine Zeichensprache verwenden, welche sie ausschließt.« Die weiten,<br />

vieldeutigen Gewänder der Umgangssprache sollten durch die<br />

hautengen Ausdrücke einer formal-logischen Sprache ersetzt werden.<br />

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