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Moser, Friedhelm - Kleine Philosophie für Nichtphilosophen.pdf

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terschiede mehr geben sollte. Seine Initiative führte zur Konstruktion<br />

jener Köpfmaschine, die alle endgültig gleich machte – König und Königin,<br />

die Kinder der Revolution und den legendären Verbrecher Lacenaire.<br />

�<br />

»Gleichheit« ist ein Zauberwort. Es erweckt in uns die Vorstellung<br />

eines utopischen Glücks, eines wiedergewonnenen Paradieses. Ein Zustand<br />

der vollkommenen Gleichheit muss doch, so der Glaube, ein<br />

Vorgeschmack auf das Nirwana sein. Es gibt keine Standesunterschiede,<br />

keinen privaten Luxus, also auch keine private Not. Fröhlich arbeiten<br />

alle Menschen im Einklang mit der Natur an der Verbesserung des kollektiven<br />

Lebensstandards.<br />

Karl Marx hat diesen Traum schon als Kind geträumt: Der Lieblingsautor<br />

in seinem Trierer Elternhaus hieß natürlich Rousseau. Für den<br />

Kommunismus sind alle traditionellen Großgesellschaften aus dem<br />

Gleichgewicht. Allenthalben hält die überfüllte Waagschale der Unterprivilegierten<br />

diejenige der oberen Zehntausend in luftigen Höhen.<br />

Nur eine Revolution kann das ursprüngliche Gleichgewicht, d.h. die<br />

allgemeine Gleichheit, wiederherstellen.<br />

�<br />

Mehr als zwei Jahrtausende vor den Kommunisten hatte Platon ähnlich<br />

revolutionäre Gedanken gehabt. Doch seine Gesellschaftsdiagnose<br />

sah völlig anders aus. Und das kam so:<br />

Platon wurde 427 v. Chr. in Athen geboren. Dieser Stadtstaat brüstete<br />

sich mit einer Erfindung, die man demokratia nannte. Für die<br />

40 000 männlichen Bürger der Stadt galt das Prinzip »gleiches Recht<br />

und gleiche Pflichten <strong>für</strong> alle«. Die Regierungsämter wurden nach dem<br />

Rotationsprinzip besetzt, und <strong>für</strong> die obligatorische Mitarbeit in Rat<br />

und Volksversammlung wurden Diäten aus der Staatskasse gezahlt. Das<br />

»demokratische« Athen erlebte eine machtpolitische und kulturelle Blüte,<br />

von der die Akropolis noch heute weithin sichtbar Zeugnis ablegt.<br />

– 136 –

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