Wirtschaftsrecht in Europa - RheinAhrCampus
Wirtschaftsrecht in Europa - RheinAhrCampus
Wirtschaftsrecht in Europa - RheinAhrCampus
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Allgeme<strong>in</strong>es:<br />
England<br />
In unserer Bearbeitung haben wir auch auf Erklärungen und Geschichtliches zurückgegriffen,<br />
denn die Besonderheit des englischen Rechtes besteht im sogenannten case law. Im Vordergrund<br />
stehen die orig<strong>in</strong>ären englischen Rechtsquellen: Gesetze und vor allem Entscheidungen<br />
der Richter. Der neueste Fall gibt stets das Recht wieder. Er ist grundsätzlich nie falsch und<br />
<strong>in</strong>terpretiert ältere Fälle und Gesetze authentisch. Der Weg zum englischen Recht führt also<br />
über Fälle.<br />
1) Gibt es Regelungen zu Formerfordernissen und wenn ja, welche?<br />
Im englischen Recht wird zunächst zwischen zwei Arten von Verträgen unterschieden:<br />
sogenannte „Unter Siegel“ (under seal / specialty) und e<strong>in</strong>fache Verträge (simple contracts).<br />
Verträge mit Siegel haben meist die Form e<strong>in</strong>es deed, was hier soviel bedeutet wie Urkunde.<br />
Der deed erfolgt schriftlich, ohne Gegenleistung. Es handelt sich hier um e<strong>in</strong>e Eigenart des<br />
englischen Rechts ohne Entsprechung <strong>in</strong> Rechtssystemen anderer Länder. Darüber h<strong>in</strong>aus ist<br />
die notarielle oder gerichtliche Beglaubigung <strong>in</strong> England fremd. E<strong>in</strong> deed muss unterschrieben,<br />
mit Siegel versehen se<strong>in</strong> und übergeben werden (signed, sealed and delivered). Das<br />
Siegel wird heutzutage nicht mehr physisch angebracht; es erfolgt der - unterschriebene -<br />
Aufdruck „L.S“ (locus sigilli). Wann von e<strong>in</strong>em deed gesprochen werden kann, ist seit dem<br />
31. Juli 1990 <strong>in</strong> section 1 (2), (3) Law of Property (Miscellaneous Provisions) Act 1989<br />
geregelt.<br />
In Großbritannien besteht grundsätzlich Formfreiheit, daher s<strong>in</strong>d die große Mehrzahl im<br />
Handelsverkehr sogenannte simple contracts, die auch mündlich abgeschlossen werden<br />
können, jedoch e<strong>in</strong>e Gegenleistung bieten müssen. Nur wenige e<strong>in</strong>fache Verträge müssen<br />
schriftlich abgefasst se<strong>in</strong>. Dies gilt z.B. für<br />
Verbraucherkreditverträge (Section 43 ff Consumer Credit Act 1974)<br />
Seeversicherungsverträge (Section 22 Mar<strong>in</strong>e Insurance Act 1906)<br />
Sicherungsübereignungsverträge (vgl. Bills of Sale 1878, Amendment Act 1882)<br />
Zahlungsversprechen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Wechsel (Section 3, 17 Bills of Exchange Act 1882)<br />
Nach common law ist e<strong>in</strong> Vertrag under seal notwendig, um e<strong>in</strong> Versprechen ohne<br />
Gegenleistung wirksam zu machen.<br />
Zum Abschluss e<strong>in</strong>es Vertrages ist auch <strong>in</strong> Großbritannien Volljährigkeit erforderlich,<br />
allerd<strong>in</strong>gs können auch M<strong>in</strong>derjährige durch Verträge verpflichtet werden, wenn es um<br />
necessities – für den M<strong>in</strong>derjährigen notwendige D<strong>in</strong>ge – geht.<br />
27