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Bildung - Alles, was man wissen muss

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DIE GESCHICHTE EUROPAS 99<br />

Tizian (1477 oder um 1487/90-1576)<br />

Er wurde vielleicht noch älter, nämlich knapp 100 Jahre, aber sein Geburtsjahr ist<br />

nicht sicher bestimmt. Sein Hauptquartier aber war nicht in Florenz, sondern in Venedig.<br />

Im übrigen aber war er das Gegenteil von Michelangelo. Er war vielleicht der<br />

repräsentativste Maler der Renaissance. Seine Spezialität war die Darstellung weiblicher<br />

Schönheit – er hat viele Venusse und Aphroditen gemalt und die Jungfrau Maria,<br />

als ob sie Venus wäre. Bei ihm sieht <strong>man</strong> nichts von Michelangelos Protest gegen<br />

die Welt und nichts von der finsteren Seite des Lebens. <strong>Alles</strong> ist Farbe, Licht und Sinnengenuß.<br />

Er war der unerreichte Meister der Nuancierung in der Farbgebung und<br />

in der Darstellung des Lichts. Neben den Frauen war seine zweite Spezialität die Anfertigung<br />

prachtvoller Porträts. Wegen der Strahlkraft seiner Bilder erhielt er Porträtaufträge<br />

von den Großen der Welt und malte Kaiser (Karl V), Päpste, Herzöge und<br />

Dogen. Als er starb, erwies ihm Venedig die Ehre eines Staatsbegräbnisses. Er liegt in<br />

der Kirche Santa Maria Gloriosa dei Frari begraben.<br />

Raffael (eigentlich Raffaelo Santi; 1483-1520)<br />

Er stammte aus Urbino, gelangte aber über Perugia und Florenz nach Rom, wo er im<br />

Auftrage von Papst Julius II den Saal ausmalte, in dem der Heilige Vater die kirchlichen<br />

Gnadenerlasse unterzeichnet (Stanza della Signatura). Die Motive für das monumentale<br />

Werk wirken wie ein Kunstprogramm der Renaissance: es zeigt die Versöhnung<br />

von Religion und Philosophie, von Christentum und Antike und von Kirche<br />

und Staat. Die Kirche ist durch die Dreifaltigkeit sowie die Apostel und<br />

Kirchenväter repräsentiert, die Philosophie durch die Dreiergruppe der Philosophen<br />

und Zuhörer: Platon weist als Idealist mit dem Zeigefinger nach oben zum Himmel,<br />

Aristoteles als Realist nach unten zur Erde, Sokrates zählt seine Argumente an den<br />

Fingern auf, und Alkibiades lauscht ihm verzückt. Die Gruppe wird vervollständigt<br />

durch weitere Philosophen wie den halbnackten Diogenes, Archimedes mit den<br />

Kreisen, Pythagoras mit einer Harmonietabelle, Heraklit beim Abfassen von Rätseln,<br />

und unter den lauschenden Schülern ist einer, der Raffaels Züge trägt. Raffaels eigenes<br />

Werk aber zeigt diese Versöhnung da am deutlichsten, wo er in seinen zahlreichen<br />

Madonnen antike Anmut mit christlicher Frömmigkeit vereint. Die Lieblichkeit seiner<br />

Marienbilder wird von nie<strong>man</strong>dem übertroffen. In dieser Synthese bündelt er<br />

auch die Einflüsse anderer Maler wie Leonardo, Giorgione oder Michelangelo. Seine<br />

bekannteste Gottesmutter, die sogenannte Sixtinische Madonna, ist zur Mutter aller<br />

Gottesmütter geworden. In einer klassischen Pyramidenkomposition bläht sich hinter<br />

der Jungfrau ihr blauer Mantel im Himmelswind und läßt ihr rotes Unterkleid sichtbar<br />

werden. Ihr Gesicht ist rosig, und sie schaut traurig-verwundert in die Welt, auf<br />

dem Arm das unschuldige Jesuskind, während sich hinter ihr der Vorhang öffnet, um

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