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Bildung - Alles, was man wissen muss

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314 WISSEN<br />

Allerdings huldigte <strong>man</strong> dabei eher Apollon als Dionysos: Die durch musikalische<br />

Gesten ausgedrückten Affekte waren in hohem Maße stilisiert.<br />

Die neuen Formen der Instrumentalmusik entwickelten sich aus Bühnenmusik<br />

und Tanz. Der Gedanke einer selbständigen Instrumentalmusik, der <strong>man</strong> einfach nur<br />

zuhörte, war völlig neu. In der Oper gab es eine Geschichte; beim Tanz gab die Musik<br />

das Tempo vor; bei der repräsentativen Musik war es der festliche Rahmen, der der<br />

Musik eine Funktion zuwies; aber Musik ohne et<strong>was</strong>, an das sie sich anlehnen konnte,<br />

war neu. Doch just dies bezeichnete den nächsten Entwicklungsschritt. Aus Opern<br />

einleitenden Ouvertüren wurden Sinfonien. Aus Tänzen wurden Suiten. Und genauso<br />

wie Tänzer nach schnellen Tänzen einen langsamen benötigen, um wieder Atem<br />

zu schöpfen, wechseln sich in Suiten und Sinfonien schnelle und langsame Teile ab.<br />

Einer der großen Repräsentanten der Oper ist Georg Friedrich Händel<br />

(1685–1759). Händel hatte schon an der Seite Scarlattis mit seinen Opern Italien erobert<br />

und war dann zum Kapellmeister des Kurfürsten von Hannover ernannt worden,<br />

der später als George I. den englischen Thron besteigen sollte. Ungefähr gleichzeitig<br />

wird Händel zum Star der Londoner Oper und nach Georges Regierungsantritt<br />

zum Musiklehrer der Tochter von Kronprinzessin Karoline. Als das Publikum der<br />

königlichen Oper untreu zu werden beginnt, gründet eine Gruppe wohlhabender<br />

Musikliebhaber 1719 die Royal Academy of Music als eine Aktiengesellschaft, und<br />

mit ihrer Hilfe kann Händel auf dem Kontinent ein teures Ensemble zusammenstellen<br />

– und eröffnet die neue Saison mit seiner Oper Radamisto. Der rauschende Erfolg<br />

löst einen Krieg der Opern aus: Der Graf von Burlington überredet die Royal Academy,<br />

die nächste Saison mit Bononcinis Astarto zu eröffnen. Jetzt hat Bononcini<br />

Ober<strong>was</strong>ser, der gleich zwei weitere Opern und die Elegie zum Tod des Duke of<br />

Marlborough komponiert. Händel schlägt zurück, indem er für seine Oper Ottone die<br />

legendäre Sopranistin Francesca Cuzzoni engagiert, die mit ihren Allüren die Wut des<br />

Meisters und mit ihrer Stimme das Entzücken der Londoner erregt. Der König und<br />

die Whigs unterstützen Händel, der Kronprinz und die Tories machen Reklame für<br />

Bononcini. Dieser bringt gegen die Cuzzoni die Mezzo-Sopranistin Faustina Bardoni<br />

in Stellung, und Händel treibt den Konflikt auf die Spitze, indem er in seiner Oper<br />

Alexandra beiden Diven gleich viele Soli und ein ausgewogenes Duett gibt. Als ihn<br />

Bononcini mit gleichen Verfahren in Astianotte übertreffen will, fallen die Anhänger<br />

der beiden Primadonnen im Publikum übereinander her, bis sich auch die Diven daran<br />

beteiligen. Durch diesen Krieg ist die Stimmung gut vorbereitet worden, als im<br />

Winter 1727/28 John Gay seine Beggars Opera (Bettleroper) herausbringt. Deren Helden<br />

sind nicht mehr Caesar, Darius oder Alexander, sondern der Gangster McHeath,<br />

der Bettlerkönig Peachum und die Diebe, Raufbolde und leichten Mädchen von<br />

London. Die Bettleroper wurde das Vorbild für die Dreigroschenoper von Brecht. Sie

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