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Bildung - Alles, was man wissen muss

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256 WISSEN<br />

Hausschatz der Deutschen gehört haben. Das gilt vor allem für Schiller, den <strong>man</strong> früher<br />

in der Schule las. Jetzt hat <strong>man</strong> Mühe, ihn auf dem Theater zu sehen zu bekommen,<br />

obwohl er dahin gehört. Dagegen haben wir einen Autor nicht genannt, der<br />

schon in den 1830er Jahren moderne Dramen schrieb, gemeint ist Georg Büchner<br />

(1813-1837). Sein Dantons Tod ist ein Revolutionsdrama um den Kampf Robespierres,<br />

des Vertreters eines genußfeindlichen Tugendterrors, gegen Danton, der angesichts<br />

der Hilflosigkeit gegenüber der Eigenlogik der Geschichte von einem Hamletschen<br />

Lebensekel gepackt wird und im Nihilismus endet. Sein Woyzeck (1836) ist ein Dramenfragment<br />

über die Geschichte einer elenden Kreatur, die schikaniert und durch<br />

medizinische Experimente gequält wird und die schließlich, nicht mehr ganz zurechnungsfähig,<br />

aus Eifersucht einen Mord begeht. Das Stück markiert den Beginn des<br />

sozialen Dramas und beeinflußt Haupt<strong>man</strong>n, Wedekind, Brecht und Frisch. Es zeigt<br />

Anklänge ans expressionistische Theater und wurde von Alban Berg vertont.<br />

Zum kanonischen Lesestoff der Schulen zählten auch die Novellen von Keller<br />

(Die Leute von Seldwyla), Storm (Der Schimmelreiter), Annette von Droste-Hülshoff (Die<br />

Judenbuche), Jeremias Gotthelf (Die schwarze Spinne) und C.E. Meyer (Der Schuß von der<br />

Kanzel).Wie <strong>man</strong> sieht, eine Menge Schweizer: ob das et<strong>was</strong> mit der Demokratie zu<br />

tun hat, die es nur in der Schweiz gab?<br />

3. Im übrigen haben wir solche Werke herausgegriffen, die zugleich bedeutend<br />

sind und einen neuen literarischen Topos begründen (Beispiel Robinson, Gulliver, die<br />

Ro<strong>man</strong>e von Richardson). Alle anderen Werke, die wir besprochen haben, stellen<br />

selbst einen ganzen kulturellen Kosmos dar und sind auf ihre Weise so et<strong>was</strong> wie <strong>Bildung</strong>shandbücher:<br />

die Göttliche Komödie, Faust, Ulysses und die Ro<strong>man</strong>e des 19. Jahrhunderts.<br />

Nicht alle wird <strong>man</strong> lesen wollen. Richardson wurde nur geschildert, weil<br />

er so wichtig ist und ihn doch nie<strong>man</strong>d liest. Dante wird <strong>man</strong> auch nur besuchen<br />

wollen. Und vielleicht wird <strong>man</strong> nicht alle Bände von Proust lesen. Aber <strong>was</strong> <strong>man</strong> lesen<br />

sollte, ist Faust, weil es unser lebendiges Nationalmuseum ist: Wir sollten es wenigstens<br />

einmal besichtigen. Die großen Ro<strong>man</strong>e von Stendhal bis Musil dagegen<br />

sind das reinste Vergnügen, und jeder von ihnen bietet eine komplette <strong>Bildung</strong>sreise.<br />

Durch eine Lektüre von Dostojewksij oder Tolstoi erfahre ich mehr über Rußland als<br />

durch jede Reise, und sie ist erheblich billiger. Auf einer Frankreich-Reise sollte <strong>man</strong><br />

Stendhal oder Flaubert mitnehmen, aber natürlich sind Balzac, Victor Hugo, Maupassant<br />

oder Zola auch sehr gut. Fährt <strong>man</strong> in die Provence, sollte <strong>man</strong> vielleicht zu Daudet<br />

greifen. Für die Vaucluse empfiehlt sich Marcel Pagnol.<br />

In der englischen Literatur haben wir einen jener Ro<strong>man</strong>e ausgelassen, der zugleich<br />

einen ganzen Kosmos darstellt und die Summe der <strong>Bildung</strong> seiner Epoche, den<br />

<strong>man</strong> aber nur in den Ferien lesen kann, wenn <strong>man</strong> das Gefühl hat, unendlich viel Zeit

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