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Bildung - Alles, was man wissen muss

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434 KÖNNEN<br />

dung ebenso verschlossen wie der Zugang zu den gehobenen Einkommen. Wer noch<br />

keine Lesegewohnheiten hat, sollte sie vielleicht gesondert trainieren an Stoffen, für<br />

die er sich besonders interessiert, und seien es erotische Ro<strong>man</strong>e. Er sollte das Training<br />

wie eine Art Jogging betrachten, eine Übung, um geistig fit zu werden und zu<br />

bleiben. Das Lesen ist dann et<strong>was</strong>, dem <strong>man</strong> jeden Tag eine bestimmte Zeit widmet,<br />

bis es zur Gewohnheit geworden ist.<br />

Bücher<br />

Bücher findet <strong>man</strong> in Bibliotheken und Buchhandlungen. Sie wirken auf den Neuling<br />

abschreckend. Das liegt daran, daß es so viele von ihnen gibt. An einem Ort versammelt<br />

wirken sie wie die Drohkulisse einer Armee, und sie alle scheinen zu rufen:<br />

»Bitte, lies mich!« Da fühlt sich der Seltenleser wie ein Betrunkener mitten in einer<br />

galoppierenden Zebraherde. <strong>Alles</strong> verschwimmt ihm vor Augen. Die Menge der Bücher<br />

schüchtert ihn ein. Sie führt im schlagend vor Augen, <strong>was</strong> er noch nicht weiß.<br />

Diese Tonnen von Geistesgut sind das Maß seiner Unkenntnis. Von diesen Tausenden<br />

von Bänden einen einzigen herauszugreifen, aufzuschlagen und mit der Lektüre zu<br />

beginnen – das scheint ihm ein lächerliches Unterfangen. Es erinnert ihn an den Versuch,<br />

einen Ozean mit dem Fingerhut auszuschöpfen. Schon der Anblick eines einzigen<br />

Bücherbords demoralisiert ihn.<br />

Nachdem der Besucher diesen Eindruck hat auf sich wirken lassen, ist er tief deprimiert.<br />

Da hat er eine Halluzination: Ihm erscheint die Vision der Cafeteria als einer<br />

Insel, auf die sich Schiffbrüchige retten, die im Meer der Bücher zu ertrinken<br />

drohen, und kurz vor dem Erstickungstod verläßt er im Laufschritt die Bibliothek,<br />

nicht ohne sich im Rückblick zu wundern, daß die Ureinwohner so gelassen schalten<br />

und walten, als bemerkten sie das unwirtliche Klima gar nicht. So oder ähnlich<br />

mag der Abenteurer empfinden, der seinen Fuß zum ersten Mal in eine Bibliothek<br />

setzt.<br />

Diese Empfindung ist zwar natürlich, aber ganz abwegig. Kein geübter Bibliotheksbenutzer<br />

erlebt eine Bibliothek auf diese Weise. Die riesige Zahl der Bücher<br />

nimmt er gar nicht mehr wahr. Er sieht nur das Buch, das er gerade benutzt, und vielleicht<br />

ein paar andere aus der gleichen Familie. Die übrigen sieht er so wenig, wie ein<br />

junger Mann auf dem Weg zu einem Rendezvous die Menge der Menschen wahrnimmt,<br />

die auf dem Boulevard an ihm vorbeiflutet. Ein richtiger Bibliotheksbesucher<br />

ist wie ein Liebhaber: Für ihn gibt es nur ein Buch, das ist das, welches er gerade liest,<br />

und wenn er noch auf der Suche ist, denkt er auch nicht an die Menge, sondern an<br />

das eine Buch, das irgendwo auf ihn wartet. Allerdings neigt er zur seriellen Monogamie,<br />

und jedes Buch ist ein Leseabschnittsgefährte.<br />

Empfindet <strong>man</strong> noch eine gewisse Scheu in Buchläden oder Bibliotheken, über-

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