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Bildung - Alles, was man wissen muss

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ZUR GESCHICHTE DER GESCHLECHTERDEBATTE 377<br />

eignisse. Woraus besteht also die Struktur der Gesellschaft? Aus solchen Einrichtungen,<br />

die flüchtige und vorübergehende Ereignisse wie Kommunikationen verknüpfen<br />

können. In der modernen Gesellschaft werden nicht mehr Gruppen von Menschen<br />

differenziert, sondern Typen von Kommunikationen.<br />

Die verschiedenen Typen von Kommunikationen kristallisieren sich an den<br />

Druckstellen der gesellschaftlichen Funktionen heraus. Solche Funktionen sind etwa<br />

Konfliktregelung (Recht), Sicherung kollektiver Entscheidungen (Politik), stellvertretendes<br />

Lernen (Erziehung), Ernährung und materielle Sicherung (Wirtschaft), Naturbeherrschung<br />

(Technik) und Realitätswahrnehmung (Wissenschaft). Diese Kommunikationstypen<br />

werden voneinander differenziert (getrennt), indem sie wie Laserstrahlen<br />

die Möglichkeiten, Kommunikationen abzulehnen, auf einen einzigen<br />

Gegensatz beschränken: in der Wissenschaft darf eine Mitteilung also nur dann abgelehnt<br />

werden, wenn sie unwahr ist, und nicht, wenn sie unschön, unmoralisch, unpädagogisch,<br />

politisch unkorrekt oder unwirtschaftlich ist. Ansonsten muß sie angenommen<br />

werden, selbst wenn sie mit all diesen unsympathischen Merkmalen belastet ist.<br />

Auf diese Weise können die Unwahrscheinlichkeit und die Leistungsfähigkeit der<br />

Kommunikation enorm erhöht werden. Zusammen mit den zugehörigen Institutionen<br />

wie Gerichten, Regierungen und Parteien, Schulen und Universitäten, Fabriken,<br />

Börsen und Märkten etc. bilden diese Kommunikationstypen die gesellschaftlichen<br />

Teilsysteme. Sie sind nicht mehr hierarchisch geordnet. Jedes ist gleich wichtig für das<br />

Ganze, und alle funktionieren nach dem Prinzip der Arbeitsteilung. Historisch gesehen<br />

sind diese Teilsysteme hintereinander entstanden und waren deshalb zum Teil mit<br />

den Schichten der traditionellen Gesellschaft verknüpft. Zuerst entstand die Religion<br />

mit der Schicht der Priester, wobei die Abspaltung mit der Differenz von Jenseits und<br />

Diesseits begründet wurde. Die Priester hatten eine Sonderstellung, weil sie zwischen<br />

beiden vermittelten. Danach spaltete sich mit dem Adel und den Regenten die Politik<br />

ab und stand der Gesellschaft als Staat gegenüber. In dieser Opposition wurde<br />

überhaupt der Gesellschaftsbegriff als Gegenwelt zum Staat entwickelt. Mit diesen<br />

beiden Spezialbereichen war die Ständegesellschaft noch vereinbar. Aber schon die<br />

Expansion der Geldwirtschaft, die allgemeine Schulbildung und der <strong>wissen</strong>schaftliche<br />

Fortschritt sprengten die alte Ständegesellschaft und erzwangen den Übergang zur<br />

Moderne. Das veränderte die Beziehung des einzelnen zur Gesellschaft in grundlegender<br />

Weise: War früher personale Identität gleichbedeutend mit sozialer Identität, ist<br />

das mit der Umstellung auf die gleichberechtigten Teilsysteme unmöglich geworden.<br />

Diesen Teilsystemen gehört der Mensch nicht mehr ganz, sondern nur aspektweise<br />

und vorübergehend an: Mal spielt <strong>man</strong> den Studenten (Wissenschaftssystem),<br />

mal den Börsenspekulanten (Wirtschaftssystem), mal den Wahlhelfer (politisches<br />

System), aber immer nur vorübergehend und aspekthaft. Als ganzer Mensch kommt

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