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Bildung - Alles, was man wissen muss

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DAS WELT DES BUCHES UND DER SCHRIFT 441<br />

Außerdem gibt es für die Darstellung von Inszenierungen und Schauspielstilen<br />

keine adäquate Beschreibungssprache. Die Konsequenz ist ähnlich wie in dem Witz<br />

von dem Mann, der seine Uhr nicht da sucht, wo er sie verloren hat, sondern wo es<br />

hell ist und das Suchen mehr Spaß macht. So weicht auch der Kritiker aus auf das, <strong>was</strong><br />

sich am leichtesten beschreiben läßt: das Bühnenbild und die Kostüme. Das produziert<br />

einen Regelkreis. Weil die Kritik so viel Wert darauflegt, investieren die Regisseure<br />

viel Aufwand in die »Konzeption« einer Inszenierung: Hamlet im Bunker,<br />

Hamlet im Weißen Haus, Hamlet in der Mafia etc.<br />

Die Folge ist, daß Theaterkritiken zu den Texten gehören, die einen am stärksten<br />

in die Irre führen, wenn <strong>man</strong> sie naiv liest. Man muß sie dekodieren. Die wichtigste<br />

Information steckt da, wo vom Beifall des Publikums die Rede ist. Manchmal muß<br />

<strong>man</strong> danach suchen, wenn sein Verriß vom Jubel des Publikums abweicht: direkt lügen<br />

wird er nicht, aber er versteckt dann die Begeisterungsstürme des Publikums in<br />

einem Nebensatz. Diese Publikumsreaktion ist das einzige Indiz dafür, wie der Gesamteindruck<br />

der Inszenierung ist. Ist das Publikum unterhalten oder ergriffen, interessiert<br />

es sich erst in zweiter Linie dafür, ob das dem Stück, der Konzeption, den Regieeinfällen<br />

oder der Kunst der Schauspieler geschuldet ist. In Wirklichkeit werden<br />

sich immer alle in den verschiedensten Mischungsverhältnisse vermengen. Der Kritiker<br />

aber dröselt sie auseinander und konzentriert sich dann auf den Anteil der Inszenierung.<br />

Das muß <strong>man</strong> dann immer um die Wirkung des Stückes selbst ergänzen. Mit<br />

anderen Worten: Der Hamlet bleibt auch dann ein effektives Stück, wenn der Held<br />

nicht in Strapsen auftaucht, keine Videokassetten auf der Bühne gezeigt werden und<br />

der Text verständlich gesprochen wird. Oder noch genauer: Je mehr ein Kritiker<br />

Konzeption und Bühnenbild hervorhebt (gleichgültig ob lobend oder tadelnd), desto<br />

mißtrauischer sollte <strong>man</strong> sein. Tadelt er dagegen die Ideenlosigkeit des Regisseurs und<br />

die Konzeptionslosigkeit der Inszenierung, erwähnt aber beiläufig den Jubel des Premierenpublikums,<br />

hat <strong>man</strong> die Chance, das Stück ungefähr so zu sehen, wie es der<br />

Autor gemeint hat.<br />

Die politische Linie einer Zeitung und die Besprechung politischer Bücher<br />

Diese Besprechungen sind weitgehend von den politischen Orientierungen der Rezensenten<br />

abhängig. Und diese sind wiederum der politischen Generallinie eines<br />

Blattes unterworfen, die der Chefredakteur zusammen mit seinen Ressortleitern im<br />

Auftrag der Herausgeber überwacht. Darin spiegeln die Zeitungen den Zustand der<br />

Medien und der Öffentlichkeit in Deutschland. Sie bilden eine Domäne der Meinungskartelle.<br />

Das ist eine Folge der Eroberung der Gesellschaft durch die politischen<br />

Parteien. In dieses Spiel haben sich die Presseorgane eingeschaltet. Dazu müssen sie<br />

ein identifizierbares, wiedererkennbares politisches Profil pflegen. Auf diese Weise

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