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Bildung - Alles, was man wissen muss

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194 WISSEN<br />

ihren guten Ruf und ihr Prestige genommen hatte. Sie beide waren Mißgeburten des<br />

Weltkriegs.<br />

Hitler und die freiwillige Selbstent<strong>man</strong>nung des Reichstags<br />

Hitler begann als Kanzler einer Koalition mit Hugenberg, dem Chef der Deutsch-Nationalen<br />

Volkspartei. In seiner Regierung saßen nur drei Nazi-Minister, aber sie besetzten<br />

die Schlüsselressorts für den nächsten Wahlkampf: Göring war Minister ohne Geschäftsbereich,<br />

also für alles zuständig; Frick wurde Innenminister, also zuständig für<br />

die Polizei; und Goebbels wurde Minister für Propaganda. Das ganze wurde als Vereinigung<br />

der nationalen Kräfte gefeiert und durch eine artige Verbeugung Hitlers vor<br />

Hindenburg bei einem Staatsakt in Potsdam besiegelt. Für den 5.3.33 setzte Hitler<br />

Neuwahlen zum Reichstag an (die Nazis hatten ja nur 33 % der Sitze). Im Wahlkampf<br />

verband er jetzt die Einschüchterungskulisse des Staatsapparats mit dem SA-Terror<br />

und entfachte einen beispiellosen Propagandarummel. Am 27. Februar brannte der<br />

Reichstag (bis heute ist nicht restlos geklärt, ob hinter dem Brand die Nazis standen<br />

oder ein umnachteter Einzelgänger aus Holland namens van der Lubbe). Prompt gaben<br />

die Nazis die Parole aus, der Brand sei ein Fanal für einen kommunistischen Aufstand,<br />

und am 28.2. setzte Hitler nach § 48 der Weimarer Verfassung durch Notverordnung<br />

zum Schutz von Staat und Volk die Grundrechte außer Kraft (diese Verordnung<br />

blieb bis 1945 gültig). Dann verbot er die Kommunistische Partei, verhaftete<br />

ihre Funktionäre und unterdrückte ihre Presse.<br />

Seit Nero Rom anzündete und die Christen der Brandstiftung bezichtigte, um sie<br />

verfolgen zu können, hat es keine so abgefeimte Mehrzweckbrandstiftung gegeben.<br />

Die Wahlen brachten 288 Nazis und 52 Deutsch-Nationale ins Parlament, also bei 647<br />

Reichstagssitzen eine Mehrheit von 340 für die Koalition gegenüber 307 Sitzen für<br />

die Opposition, die sich das Zentrum, die SPD und die KPD sowie ein paar bürgerliche<br />

Splitterparteien teilten. Hitler hätte also mit einer parlamentarischen Mehrheit regieren<br />

können. Aber jetzt kommt der letzte Akt des parlamentarischen Selbstmords.<br />

Trotz seiner Mehrheit verlangt Hitler ein Gesetz, das es ihm ermöglicht, vier Jahre<br />

ohne das Parlament zu regieren. Mit anderen Worten: Er fordert die Diktatur und<br />

die Abdankung des Parlaments. Für dieses Gesetz braucht er eine Zwei-Drittel-<br />

Mehrheit, und das Unglaubliche geschieht. Die bürgerliche Opposition, d.h. das Zentrum<br />

(Vorgängerin der CDU) und die bürgerlichen Splitterparteien stimmen zu. Die<br />

einzige Partei, deren Abgeordnete dagegen stimmen – Ehre ihrem Andenken –, ist die<br />

SPD (94 Nein-Stimmen). Die Kommunisten waren schon vorher aus dem Reichstag<br />

ausgeschlossen worden.<br />

Damit wurde Hitler auf legalem Weg zum Diktator gemacht. Die Kälber hatten<br />

ihren Schlächter selber gewählt und ihm im Parlament, dem Kontrollinstrument der

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