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Bildung - Alles, was man wissen muss

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DAS WELT DES BUCHES UND DER SCHRIFT 431<br />

II DIE WELT DES BUCHES<br />

UND DER SCHRIFT<br />

Bücher – Schrift – Lesen<br />

Bevor heute ein Kind liest, sieht es fern. Das schafft ein Problem, denn die <strong>Bildung</strong><br />

hängt immer noch an den Büchern, oder zumindest an den Texten auf dem Bildschirm,<br />

und das heißt an Schrift. Warum ist das so? Warum können nicht auch Bilder<br />

<strong>Bildung</strong> vermitteln? Warum kann <strong>man</strong> sich nicht durch Fernsehen bilden? Was ist an<br />

Schrift so besonderes?<br />

Das Fernsehen zeigt mündliche Kommunikation in quasi realen (oder simulierten)<br />

Situationen. In ihr ist aber der Sinn des Mitgeteilten mit dem Medium der<br />

Kommunikation – Gesten, Stimme, Körpersprache etc. – unauflöslich verflochten.<br />

Der Sinn einer Mitteilung ist mit der Form der dramatischen Präsentation verschmolzen.<br />

Deshalb ist er unmittelbar einleuchtend – aber nicht referierbar. Das<br />

merkt <strong>man</strong> immer dann, wenn schlichte Menschen oder Kinder besonders lustige<br />

Situationen erzählen wollen, die sie gerade erlebt haben. Sie beschwören dann durch<br />

ein paar Zitate eine Vision der gerade erlebten Situation hervor (»und er dann: ›Ey<br />

du‹ – und sie: ›Na, hör mal‹. Haben wir gelacht!«). Aber die Zuhörer, die diese Erinnerung<br />

nicht teilen, sehen sich ratlos an: Ihnen bleibt die Komik dieser Äußerung<br />

verschlossen.<br />

Erst die Schrift löst die Sprache aus der konkreten Situation und verselbständigt<br />

sie gegen den unmittelbar gegebenen Kontext (Zusammenhang). Was bei dieser<br />

Transformation (Umwandlung) gleichbleibt, ist das, <strong>was</strong> wir Sinn nennen. Allein die<br />

Verwandlung von gesprochener Sprache in Schrift macht die Kategorie des Sinns erst<br />

faßbar. Darum wurde in den Hochreligionen Judentum, Christentum, Islam) Sinn<br />

überhaupt mit Schrift (Heilige Schrift) gleichgesetzt.<br />

In der mündlichen Kommunikation dagegen kommt es nicht primär auf Sachlichkeit<br />

an, sondern auf emotionale Einfärbung und Beziehungsaspekte. Schriftliche<br />

Texte müssen über Themen strukturiert werden, mündliche Verständigung lebt<br />

vom selbstproduzierten Energiestrom der eigenen Dramaturgie, mit dem auch der<br />

Sinn entsteht und vergeht. Erst Schrift hat die Sprache fixiert, kontrollierbar gemacht<br />

und am Regelsystem der Grammatik orientiert. Der Tempounterschied<br />

zwischen mündlicher Rede und Schrift wird genutzt, um den Sinn zu strukturieren:<br />

Durch Linearisierung der Abfolge Subjekt – Prädikat – Objekt (der Mann<br />

beißt den Hund) mit allen Beifügungen, Nebensätzen und Einschüben kann die<br />

logische Ordnung des Gedankens auf die Sequenz (Abfolge) der Satzteile abgebil-

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