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Bildung - Alles, was man wissen muss

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176 WISSEN<br />

sie zustimmten, verrieten sie die liberalen Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit; wenn sie<br />

ablehnten, verrieten sie die nationalen Ideale.<br />

Mit anderen Worten: durch diesen Trick zerrte Bismarck auseinander, <strong>was</strong> zusammengehört:<br />

Demokratie und nationales Empfinden.<br />

Ergebnis: Die liberale Partei spaltete sich in die<br />

– demokratischen Liberalen und<br />

– die nationalen »Nationalliberalen«.<br />

Die Mehrheit bestand aus Nationalliberalen. Bismarck hatte ihnen ihre demokratischen<br />

Prinzipien mit glitzernden nationalen Glasperlen abgekauft. Von diesem Sündenfall<br />

hat sich der Liberalismus nie wieder erholt.<br />

Gründung des deutschen Kaiserreichs<br />

Es gehörte zu den Geburtsfehlern des neuen Reiches, daß es auf dem Rücken des besiegten<br />

Frankreichs gegründet wurde. Und daß <strong>man</strong> Frankreich obendrein Elsaß-<br />

Lothringen wegnahm, verknüpfte das neue Reich mit der Erinnerung an eine Demütigung<br />

in Frankreich und mit der Erinnerung an einen militärischen Triumph in<br />

Deutschland. Die Feier der Reichsgründung wurde somit immer zu einer Siegesfeier<br />

über Frankreich. Das vergiftete die Beziehung beider Länder.<br />

Und das kam so: Ein katholischer Hohenzollernprinz wurde plötzlich Anwärter<br />

auf den spanischen Thron. Das erregte die öffentliche Meinung der Franzosen, die<br />

sich an die Habsburger Umklammerung durch Karl V. erinnerten. Darauf verzichtete<br />

der Prinz weise. Aber nun überzog Napoleon III. und forderte von Wilhelm als dem<br />

Chef des Hauses Hohenzollern, daß er auf alle Zeiten auf den Thron verzichten solle.<br />

Diese Forderung redigierte Bismarck so effektiv für die Presse, daß sich der gesamtdeutschen<br />

Brust ein anti-welscher Empörungsschrei entrang. Verstört erklärte Napoleon<br />

Preußen den Krieg.<br />

Was noch nie passiert war: Die süddeutschen Staaten schlössen sich dem Norddeutschen<br />

Bund an, und dank der Benutzung der Eisenbahn und der besseren Führung<br />

wurde Frankreich bei Sedan und Metz geschlagen. Napoleon dankte ab, Frankreich<br />

wurde eine Republik und kämpfte bis zur Kapitulation von Paris noch weiter.<br />

Nach windungsreichen Verhandlungen mit den Fürsten wurde Wilhelm I. im<br />

Spiegelsaal des Schlosses von Versailles zum deutschen Kaiser proklamiert.<br />

22 Jahre nach der Paulskirche wurde das damals angestrebte Ergebnis auf dem<br />

entgegengesetzten Weg erreicht: Das Parlament war nun nicht beteiligt. Die Einigung<br />

war ein souveräner Gründungsakt der Fürsten und der Militärs. Sie hatten die nationale<br />

Identität geklaut und in die eigene Tasche gesteckt. Von jetzt an wurde die Nation<br />

nicht mehr mit dem Volk assoziiert, sondern mit dem Obrigkeitsstaat. Der Stratege,<br />

der alle ausgetrickst hatte, hieß Otto von Bismarck. Er wurde von den Ausge-

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