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Bildung - Alles, was man wissen muss

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280 WISSEN<br />

III DIE GESCHICHTE DER KUNST<br />

»Darf ich Sie jetzt bitten, mir in das Museum zu folgen? Sehen Sie«, sagte er, als wir<br />

den Vorraum betraten, »das Museum ist ein griechischer Tempel.<br />

Durch den Portikus (Säulenhalle) betritt <strong>man</strong> die große Eingangshalle, deren<br />

strenge Wirkung zur geistigen Sammlung auffordert. Sind Sie gesammelt, ja? Nun<br />

schreiten wir, nach der Entrichtung des Obolus (des Eintrittspreises), zu den Altären<br />

und Reliquienschreinen der Kunstgeschichte, um in innerer Einkehr oder seelischer<br />

Verzückung die Kommunion mit dem Heiligen Geist der Kunst zu feiern. Und nun<br />

folgen Sie mir bitte in den Raum des Stils.« Der Museumsführer ging voran und<br />

wendete sich dann wieder uns zu.<br />

»Der Aufbau des Museums zeigt: Die Geschichte der Kunst entfaltet sich als Stilgeschichte.<br />

Der Stil entsteht aus dem Widerspruch zwischen der Integrität des Werks<br />

(Ganzheitlichkeit) und der Autonomie (Selbständigkeit) der Kunst. Wenn wir Kunst<br />

von anderen Bereichen – etwa Handwerk oder Technik – unterscheiden wollen,<br />

brauchen wir et<strong>was</strong>, <strong>was</strong> trotz der Integrität jedes Einzelwerks mehrere Werke miteinander<br />

verbindet. Das ist dann der Stil. Der italienische Ausdruck dafür war ›<strong>man</strong>iera‹<br />

(Manier, <strong>man</strong>ière oder <strong>man</strong>ner), ein Wort, mit dem <strong>man</strong> auch die Manieren, also den<br />

Verhaltensstil eines Menschen, bezeichnete.«<br />

Ro<strong>man</strong>ische und gotische Kunst<br />

»Wir gehen jetzt in den Raum des Mittelalters.« Als sich alle dort versammelt hatten,<br />

fuhr er fort:<br />

»Am Anfang der Kunstentwicklung im Mittelalter bezog sich ›Stil‹ auf die schlichte<br />

Anweisung, aus der Fülle der vergangenen Kunstproduktion – und Fülle heißt lateinisch<br />

›copia‹ – das Richtige herauszusuchen und zu ›kopieren‹. Auf diese Weise entstand<br />

die erste gesamteuropäische Kunstsprache, die ro<strong>man</strong>ische Kunst. Sie setzt um das Jahr<br />

1000 ein und reicht bis ins 13. Jahrhundert. Ihre großen Monumente bilden die Kirchenbauten.<br />

Ihre besonderen Kennzeichen sind die Rundbögen, die Gewändefiguren<br />

und die halbrunden Vertiefungen über den Türen, in denen Figurenreliefs, in konzentrischen<br />

Halbkreisen angebracht, die sogenannten Tympana bilden. Nebenbei gesagt:<br />

das Wort tympanon leitet sich von dem griechischen Wort für Tamburin her und bezeichnet<br />

auch das Trommelfell. Die Grundfiguren der Ro<strong>man</strong>ik sind das Quadrat und<br />

der Halbkreis. Dabei entsprechen meist zwei quadratische Kreuzgewölbe eines Seitenschiffs<br />

einem quadratischen Kreuzgewölbe des Mittelschiffs. Das Quadrat wiederholt<br />

sich dann in den sogenannten Würfelkapitellen, den oberen Abschlüssen der Rundsäulen,<br />

wie in diesem hier.« Nachdem wir gehörig gestaunt hatten, fuhr er fort:

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