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Hans Chanan Flörsheim - Hassia Judaica

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sollten doch nicht am gleichen Tag an unserem Bestimmungsort ankommen.<br />

In Dax hatten wir keinen Anschluss und nachmittags verpassten wir<br />

den Bummelzug nach Mont-de-Marsan. So kamen wir nur bis nach Morceaux,<br />

zu spät wieder für die Weiterfahrt, und waren schließlich gezwungen,<br />

die Nacht in Ermangelung eines Hotels im Wartesaal des Bahnhofs zu<br />

verbringen.<br />

Erst am Samstagmittag kamen wir in Mont-de-Marsan an. Es stellte sich<br />

aber schon bald heraus, vor allem nach der Mahlzeit auf unserem zukünftigen<br />

Bauplatz, dass die Umstände sich sehr verschlechtert hatten. Daher<br />

waren alle missmutig gestimmt, besonders weil vonseiten der Firma für<br />

nichts gesorgt worden war und wir noch nicht einmal einen Schlafplatz<br />

hatten. Die schlechte Stimmung nahm immer mehr zu, und spät am Nachmittag<br />

kam einer auf die Idee, da es doch Samstag war und die Arbeit erst<br />

am Montag beginnen würde, anderthalb Tage in Bordeaux zu verbringen.<br />

Abraham und ich sahen einander an und dachten wahrscheinlich das<br />

Gleiche. Nach Bordeaux zu fahren und wieder mit unseren Kameraden<br />

zusammen zu treffen, wunderbar!<br />

Am Abend wurde dann einstimmig beschlossen, nach Bordeaux zu fahren,<br />

um dort den Chef der Firma Cleysteen zu treffen, der auf Reisen war. Dieser<br />

Vorschlag wurde einhellig begrüßt, da man so Ferien auf Kosten der Firma<br />

machen konnte. Mit dem Abendzug fuhren wir alle über Dax nach Bordeaux,<br />

und keiner war glücklicher als ich, als wir in den Bahnhof einfuhren. Dieses<br />

Bordeaux, das so hässlich und unsympathisch war, bot doch mehr Sicherheit<br />

als Bayonne oder Toulouse. Wir liefen ziemlich vergeblich viele Hotels ab und<br />

landeten schließlich in der uns wohlbekannten Rue Tanesse. Dort erschien, zu<br />

unserer großen Überraschung, kurz vor Mitternacht Willy, den wir mit großer<br />

Freude - wir waren ja Wiederauferstandene - begrüßten.<br />

Die nächsten Tage genossen wir wieder einmal das süße Nichtstun. Wir<br />

trafen ab und zu mit einigen unserer Arbeitskollegen zusammen, um zu<br />

erfahren, ob unsere Arbeit in Mont-de-Marsan schon geregelt sei. Auch der<br />

Chef der Firma, der schon längst zurückgekehrt sein müsste, ließ sich nicht<br />

sehen. In diesen Tagen hatten wir die Absicht, obwohl mit wenig Lust, bei<br />

der Firma zu bleiben, aber auch das nur in Ermangelung von etwas Besserem.<br />

Aber am Donnerstag, den 22. Dezember 1943, griff das Schicksal<br />

wieder mit eigener Hand ein, um unseren Plänen einen ganz anderen Lauf<br />

zu geben.<br />

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