Hans Chanan Flörsheim - Hassia Judaica
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¾-Stunde kamen wir auf der Baustelle an. Herr Mol war nirgends zu sehen<br />
und kam erst später zu uns. Max hatte sich als Zimmermann ausgegeben<br />
und ich mich als Gärtner. So wurde ich dann auch zu den Erdarbeitern eingeteilt.<br />
Ich kam zu einer Gruppe junger Franzosen, die ein Loch ausgruben,<br />
was später das Fundament eines Bunkers werden sollte. So machte ich<br />
meine erste französische Konversation. Sehr begeistert war ich nicht, als ich<br />
abends heimkehrte, und Max ebensowenig, obwohl er bessere Arbeit hatte.<br />
Es dauerte auch zwei Tage, bis ich ein Zimmer fand, und dann war ich<br />
glücklich, wieder in einem ordentlichen Bett schlafen zu können. Zippi ging<br />
es wieder besser; und wenn er käme, würden wir das sehr geräumige Bett<br />
teilen. Die Wirtsleute waren die Bäcker des Dorfes und sehr nett zu mir.<br />
Die Franzosen, denen ich begegnete, und die anfangs glaubten, es mit<br />
Deutschen zu tun zu haben, wurden sehr freundlich, als sie hörten, dass wir<br />
Holländer waren und zur Arbeit gezwungen worden seien. Am Sonntag<br />
waren wir frei und besuchten das Kino in Auffay, wo wir uns den Film<br />
„Nord-Atlantique“ ansahen. Die Hälfte verstanden wir zwar nicht, aber den<br />
Rest reimten wir uns zusammen.<br />
Am Montag erlebte ich eine große Überraschung, als ich abends, nachdem<br />
ich mich erst zu Hause gewaschen hatte, zum Abendessen in die Baracke<br />
kam. Diese war nämlich voller Menschen. Beim Schein einer Taschenlampe<br />
sah ich die einzelnen Leute. Ich kannte davon Emil Windmüller,<br />
Herbert Lifmann und Paul Landauer, der in Paris zu einer Baustelle auf dem<br />
Flugplatz Le Bourget gegangen war, und machte dann noch Bekanntschaft<br />
mit Max Windmüller, Emils älterem Bruder, und Rolf Rothmann. Es hieß,<br />
dass Le Bourget gefährlich worden war, weil man eine Razzia auf holländische<br />
Arbeiter fürchtete, die nach Deutschland geschickt werden sollten. Wir<br />
waren glücklich, mit mehreren zusammen zu sein, sodass alles ein bisschen<br />
gemütlicher wurde. Die Neuangekommenen mussten auch erst die harte<br />
Schule durchmachen und in der Baracke schlafen. Einige Tage später fanden<br />
sie durch Vermittlung des Bürgermeisters ein Haus, wo alle Platz fanden.<br />
Es erhielt daher den Namen Beth Chalútz 29 .<br />
Ich blieb mit Zippi bei der Bäckerfamilie, bei der wir, nachdem wir uns<br />
von der Wehrmachtsküche losgesagt hatten, sogar mehr oder weniger gut<br />
aßen. Rie kochte für die Jungen in ihrem Haus, aber dort wollten wir nicht<br />
mit essen, weil der Raum zu beschränkt war. So arbeiteten dann Zippi, Max<br />
Bonn und Max Windmüller als Zimmerleute, Paul und ich als Erdarbeiter,<br />
29<br />
Chalutz: Pionier, der sich für landwirtschaftliches Leben in Palästina/ Israel vorbereitet.<br />
(Ch.Fl.)<br />
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