Hans Chanan Flörsheim - Hassia Judaica
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meistens aber in einer flämischen Betonarbeiterschicht, und Herbert mit<br />
Rolf als Maurer. Max Bonn wurde bald unser Vertreter bei der Firma de<br />
Mol und bekam später einen noch besseren Posten in dessen Büro in Auffay.<br />
Eines Tages hatten wir eine große Freude zusammen mit einem noch<br />
größeren Schrecken, als abends Willy vor uns stand mit Ludi Goldwein, der<br />
gerade aus Holland gekommen war. Wir hörten von ihm als letzte Neuigkeit,<br />
dass Kurt Hannemann mit noch anderen Freunden verhaftet worden<br />
und schon auf dem Transport nach Polen sei. Dieses war eine schlimme<br />
Nachricht, und man fürchtete, dass es auch mit all den noch übrig gebliebenen<br />
Freunden noch ein schlechtes Ende nehmen würde. Ludi wurde den<br />
Zimmerleuten zugeteilt, und er war es, der mit Zippi am meisten für die<br />
gute Sache faulenzte, während wir Betonarbeiter oftmals fest mit anpacken<br />
mussten. Willy blieb noch einen Tag und fuhr dann am nächsten Morgen<br />
zurück nach Paris, von Max und Rie bis Rouen begleitet.<br />
Wir kamen weiter gut miteinander aus, und jeder zählte für sich die Tage<br />
bis zum Urlaub. Denn wir wollten alle noch einmal nach Holland zurück,<br />
um unser großes Gepäck zu holen. Von Kurt Reilinger hatten wir inzwischen<br />
nur undeutliche Nachrichten. Wir hofften, ihn bald auch einmal bei<br />
uns begrüßen zu können.<br />
Das kam dann auch sehr bald und überstürzend: Wir kamen eines Abends,<br />
es war schon Spätherbst und es dämmerte, von unserer Arbeit nach<br />
Hause, als uns auf der Straße jemand entgegenkam und uns sagte, dass Kurt<br />
und Willy da seien. Wir freuten uns gewaltig, zumal wir Kurt schon lange<br />
erwartet hatten, ihn aber zu der Zeit in Belgien wähnten. Da musste schon<br />
etwas Besonderes los sein, wenn die beiden zusammen zu uns kamen.<br />
Zippi und ich gingen schnell zu unserer Bäckerfamilie essen. Es war an<br />
diesem Abend ein Stück Schwein, an dem aber noch einige Borsten geblieben<br />
waren. Ich aß, besonders aus Ungeduld, fast nichts. Das Haus, das, wie<br />
gesagt, so langsam ein Beth Chalútz geworden war, lag ungefähr 5 Minuten<br />
von unserer Behausung entfernt. Wir traten ein, während alle noch beim<br />
Essen waren. Die Begrüßung war herzlich, da gerade wir vier Auffayer<br />
Kurt zum letzten Male in Holland gesehen hatten. Rie gab uns noch etwas<br />
zu essen, nachdem ich die Geschichte mit dem Schweinskopf erzählt und<br />
als Beweis den ungenießbaren, borstigen Rest mitgebracht hatte. Aber irgendeine<br />
mehr hungrige als barmherzige Seele aß ihn doch noch auf.<br />
Nach dem Essen begann die eigentliche Besprechung. Ich sehe jetzt<br />
noch alle ziemlich eingeengt um den Tisch sitzen, teils in Arbeitskleidung,<br />
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