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Hans Chanan Flörsheim - Hassia Judaica

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der Einzige, der dies sah, weil ich einen Eckplatz mit der Aussicht auf den<br />

Gang hatte. Ich vermutete, dass ihm irgendetwas verdächtig vorgekommen<br />

sein müsste, sonst hätte er doch einfach das nächste Abteil kontrolliert.<br />

Erst nach einigem Überlegen teilte ich meine Beobachtung meinen Reisegenossen<br />

mit, die ganz unbefangen am Essen waren. Denn man musste ja<br />

auf alles gefasst und vorbereitet sein. Ich durchflog in Gedanken schnell<br />

mein Gepäck und kam zum Ergebnis, dass eigentlich nur mein französischspanisches<br />

Wörterbuch kompromittierend war. Jede Minute erwartete ich<br />

die Rückkehr des Offiziers. Aber nichts dergleichen geschah. Wir passierten<br />

in Langon die Demarkationslinie und alle Zoll- und Grenzschutzbeamten<br />

stiegen aus. Aber ganz beruhigt war ich doch noch nicht. Wie, wenn<br />

man nach Toulouse telefoniert hatte, um uns dort in Empfang zu nehmen?<br />

Der Express dampfte inzwischen unverdrossen weiter, ob wir uns Sorgen<br />

machten oder nicht. Unsere Stimmung, die erst bis unter Null gesunken<br />

war, besserte sich. Wir einigten uns darauf, die schnelle Kontrolle darauf<br />

zurückzuführen, dass unser Abschied auf dem Bahnsteig sehr auffällig und<br />

lebhaft gewesen war, und dass wir als Zivilisten vom Wehrmachtsabteil<br />

Gebrauch machten.<br />

Draußen war mittlerweile herrliches Wetter. Ein wahres Vergnügen war<br />

es, die ersten Palmen zu betrachten, obwohl ziemlich trostlos in ihrer etwas<br />

winterlichen Umgebung. Mit Plaudern, Essen und Hinausschauen ging die<br />

Zeit schnell vorüber. Um 2:10 Uhr fuhren wir in Toulouse-Matabiau ein.<br />

Im Vergleich zu den Hotels, die ich später in Toulouse kennenlernte,<br />

war eigentlich das Hotel Gambetta das beste, das ich jemals dort bewohnt<br />

habe. Wir vier und dazu noch ein anderer mit Namen Werner Kahn, der<br />

schon vor uns in Toulouse war, warteten dort in einem Zimmer, das den<br />

Jungen von der Hachschará 30 in Gouda gehörte, auf deren Rückkehr. Wie<br />

Werner uns sagte, sollten die Goudaer nämlich zusammen mit Heinz Meyerstein<br />

31 am selben Abend noch Richtung Pyrenäen abfahren, und wir würden<br />

Freitag folgen, also zwei Tage später.<br />

War das eine Freude, als ich dann die vier Goudaer und Heinz Meyerstein<br />

wiedersah, denn seit Holland waren wir ganz auseinander geraten. Sie<br />

hatten große Eile, um den Zug noch zu erreichen, aber was diesmal an Unterhaltung<br />

zu kurz kam, würden wir später nachholen können, denn wir<br />

würden ja die Fahrt in die Freiheit zusammen machen! So waren dann deren<br />

30 Ausbildung für das Kibbuzleben in Palästina/Israel. (Ch.Fl.)<br />

31 Zu Heinz Meyerstein siehe Exkurs auf der nächsten Seite.<br />

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