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Hans Chanan Flörsheim - Hassia Judaica

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Wir hatten inzwischen den Wald verlassen. Ein scharfer Eiswind blies uns<br />

ins Gesicht. Jeder war bis über die Knöchel durchnässt, und Durst hatte man<br />

auch. Aber die Hütte, von der die ganze Zeit die Rede war, kam endlich in<br />

Sicht. Jeder atmete auf und bald hatten wir unser Domizil erreicht.<br />

Jedermann suchte sich ein Plätzchen im Stroh. Einige zogen sich beim<br />

Schein ihrer Lampe die durchweichten Sachen aus, andere - darunter auch<br />

ich - krochen nass unters Stroh und gruben sich bis zur Nasenspitze ein. Mit<br />

Emil hatte ich am Tage zuvor einen Pullover getauscht, der für mich viel zu<br />

groß war, denn er gehörte eigentlich dem Frans aus Haarlem. Der Vorteil<br />

war, dass ich daher den ganzen Kopf damit bedecken konnte, wenn ich den<br />

Reißverschluss zuzog. Von ganz entfernt hörte ich noch sagen - und der<br />

Ernst dieser Worte drang fast gar nicht mehr zu mir durch - wenn es nicht<br />

aufhörte zu schneien, müssten wir am Morgen umkehren. In dem Moment<br />

war mein Bewusstsein schon etwas eingeschläfert, obwohl in meiner Nähe<br />

ein keifender Streit mit einem gewissen Mandelblatt im Gange war, der<br />

plötzlich als Chef eine Rolle spielen wollte.<br />

Ich wurde, ob der Feuchtigkeit, in der ich lag, früh wach. Es schien zu<br />

schneien aufgehört zu haben, und plötzlich erinnerte ich mich der Worte<br />

vom Abend zuvor. Es wäre ja nicht auszudenken, wenn wir zurückkehren<br />

müssten! Alle Anstrengungen vom Tage zuvor wären dann vergeblich gewesen<br />

und das jetzt, wo man schon so dicht an der Grenze war. Ich konnte<br />

nicht glauben, dass Adrian im Ernst gesprochen hatte.<br />

Auch die anderen wurden wach. Einer sah nach dem Wetter und sagte,<br />

dass zwar viel Schnee draußen läge, aber keiner mehr fiele. Wir hatten<br />

wieder Mut! Man aß etwas und stellte fest, dass die Lebensmittel nicht<br />

ausreichend waren, denn für mehr als eine Mahlzeit reichten sie nicht. Bald<br />

machten wir uns fertig und traten ins Freie. Welch ein herrlicher Anblick!<br />

Die Berge in ihrer überwältigenden Größe rings um uns und ein herrlicher<br />

Ausblick in ein Tal! Und Totenstille herrschte über all dem. Unvergesslich<br />

war dieser Augenblick für uns, aber nicht nur der schönen Landschaft wegen,<br />

sondern auch wegen Adrians entschiedenem Entschluss, dass wir umkehren<br />

müssten. Erst wollten wir es nicht recht glauben, aber jeder merkte,<br />

dass er Recht hatte, denn wir versuchten zwar 20 Meter zu gehen, aber der<br />

Schnee ging fast bis an die Knie und Adrian zeigte auf einen vor uns liegenden<br />

Gipfel, den wir noch zu besteigen hätten, um nach Spanien zu gelangen.<br />

So sah jedermann ein, dass weiterzugehen völlig aussichtslos war, und<br />

tief deprimiert traten wir den Rückweg an. Deprimiert ist eigentlich kein<br />

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