Hans Chanan Flörsheim - Hassia Judaica
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ner Ausnutzung dieser Gegebenheiten sich gewissermaßen in der Höhle des<br />
Löwen zu verstecken.<br />
Natürlich war eine gehörige Portion Glück vonnöten: immer wieder<br />
spielte in dieser an höchst gefährlichen Situationen und unerwarteten Wenjungen<br />
reichen Fluchtgeschichte der Zufall eine entscheidende Rolle.<br />
Aber es musste auch etwas im Wesen dieses <strong>Chanan</strong> <strong>Flörsheim</strong> gegeben<br />
haben, das es ihm möglich machte, der Gefahr zu entkommen, den günstigen<br />
Zufall zu nutzen.<br />
Er selbst spricht in seinen Aufzeichnungen immer wieder von seinem<br />
Gottvertrauen, das ihm in der Bedrängnis Halt gab. Er spricht auch von<br />
einem „Pessimismus“, der ihn das Scheitern eines Vorhabens vorweg denken<br />
und dann bei seinem Eintreten nicht den Mut verlieren ließ. Er spricht<br />
von Angst, die ihn vorsichtig gemacht habe. Anderes ist zwischen den Zeilen<br />
zu lesen: eine große Kontaktfreudigkeit und die Fähigkeit, Menschen<br />
richtig einzuschätzen und auf sie zuzugehen, eine ausgeprägte Fähigkeit,<br />
sich auf neue Situationen höchst pragmatisch einzustellen, schnelle Entschlusskraft<br />
und ein mit Risikobereitschaft gepaarter Instinkt, die ihn im<br />
richtigen Augenblick das Richtige tun ließen, insgesamt eine aktive Grund-<br />
Haltung, die trotz Widrigkeiten und Gefahr mit jugendlicher Lebensfreude<br />
einhergehen konnte.<br />
Nun dürfen wir diesen Menschen kennen lernen, und schon nach kurzer<br />
Unterhaltung finden wir das aus der Lektüre erwachsene Bild bestätigt: der<br />
uns gegenübersitzt, ist trotz seiner 83 Jahre von großer Präsenz. Unsentimental,<br />
mit erstaunlich detailreichem Erinnerungsvermögen nimmt er Veränderungen<br />
in der Stadt zur Kenntnis, erzählt von seinem praktischen Tätigkeiten<br />
gewidmeten Leben in Israel, von den Anfangsjahren dort und von<br />
der fortdauernden Beziehung zu den Kameraden, die die Erinnerung an jene<br />
dramatischen Monate teilen und das Gedenken an diejenigen, die ihr Leben<br />
geopfert haben, wach halten.<br />
875 jüdische Menschen sind es insgesamt gewesen, Männer, Frauen und<br />
Kinder, die wie <strong>Chanan</strong> <strong>Hans</strong> <strong>Flörsheim</strong> während der Zeit des Zweiten<br />
Weltkriegs als Flüchtlinge von der iberischen Halbinsel nach Palästina<br />
gelangten.* Nachdem am 1. Februar 1944 einige Hundert Flüchtlinge in<br />
Haifa von Bord des portugiesischen Schiffs „Nyassa“ gehen konnten, dauerte<br />
es bis zum Oktober 1944, ehe bürokratische Hindernisse von Seiten<br />
Großbritanniens überwunden waren und ein neuer Schiffstransport mit<br />
jüdischen Flüchtlingen in Cadiz ablegte. Diesmal war es die „Guinée“, die<br />
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