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Hans Chanan Flörsheim - Hassia Judaica

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heraus. Zum Schluss lag das ganze Gerümpel, von der verrosteten Rasierklinge<br />

bis zum Portemonnaie auf dem Tisch. Als ich die Brieftasche herausnahm,<br />

zögerte ich etwas, vor allem wegen der Geldtasche mit der großen<br />

Summe Geld.<br />

Als der Feldwebel dann die Blanko-Papiere sah, alle mit schönen Stempeln<br />

der Wehrmacht versehen, pfiff er durch die Zähne.<br />

„Haben Sie das alles von der O.T. mitgenommen?“<br />

In dem Moment dachte ich, es sei besser, ich mache reinen Tisch, anstatt<br />

umständlich zu schwindeln und doch später alles gestehen zu müssen. Ich<br />

handelte mehr unbewusst als bewusst nach dem Sprichwort: Wer einmal<br />

lügt, dem glaubt man nicht, und wenn er auch die Wahrheit spricht. Und ich<br />

würde noch mehr als genug zu lügen haben!<br />

So antwortete ich, dass die Papiere nicht von der O.T stammten, sondern<br />

dass ich sie von jenem mysteriösen de Jong in Paris bekommen hatte, ebenso<br />

wie das Geld.<br />

„Wie kommt denn der dazu, Ihnen das alles zu geben?“, war die Frage.<br />

Ich musste jetzt immer blitzschnell nachdenken, um gut zu antworten, aber<br />

ich zweifelte sehr, dass man meinen Antworten Glauben schenken würde,<br />

weil es mir schien, als ob alles so gepresst und unsicher aus meiner Kehle<br />

kam, dass, wenn ich der Frager wäre, ich sofort bemerkt hätte, dass das<br />

alles Lügen waren.<br />

„Ja, das kam so“, begann ich umständlich, nur um Zeit zu gewinnen,<br />

„das ist eine lange Geschichte. Und zwar ging das so: Ich war einmal in<br />

Paris und lernte zufällig auf der Reise dorthin im Zug eben jenen Holländer<br />

kennen. Wir sprachen so, wie man bei einer ersten Bekanntschaft immer zu<br />

reden pflegt. Auf jeden Fall gab er mir die Adresse eines Cafés auf dem<br />

Boulevard Montmartre, wo ich ihn mal wieder treffen könnte. Er machte<br />

einen wohlhabenden Eindruck, und da ich ihm erzählte, dass ich auf der<br />

Suche nach einer neuen Baustelle sei, sagte er, wenn ich einmal etwas benötige,<br />

wie Geld oder Lebensmittelkarten, könne ich mich ruhig in jenem Café<br />

an ihn wenden. Ich dachte natürlich, niemals davon Gebrauch zu machen,<br />

aber es sollte anders kommen. Ich hatte danach wieder bei einer Firma in<br />

Biarritz Arbeit gefunden, bin aber bald wieder fortgegangen und landete<br />

nach Neujahr in Paris. Nun war meine finanzielle Lage ziemlich kritisch<br />

geworden, und so erinnerte ich mich an meinen holländischen Bekannten<br />

und ging in das besagte Café, wo ich ihn auch wirklich traf. Er gab mir,<br />

nachdem ich Andeutungen über meine finanzielle Lage gemacht hatte, auch<br />

prompt 5.000 Francs. Gleichzeitig erzählte er mir, dass er bald für einige<br />

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