Hans Chanan Flörsheim - Hassia Judaica
Hans Chanan Flörsheim - Hassia Judaica
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Unter alliiertem Druck erklärt sich Spanien 1943 bereit, Flüchtlinge<br />
nicht mehr zurückzuschicken, sofern von alliierter Seite für ihre Weiterreise<br />
gesorgt wurde. Bis dahin hatte Franco-Spanien keine ausländischen Hilfsorganisationen,<br />
wie etwa die privaten amerikanischen Hilfskomitees, im<br />
Lande geduldet, noch nicht einmal das Internationale Rote Kreuz. Die deutsche<br />
Niederlage in Stalingrad hatte Franco mit Jahresbeginn 1943 zu einem<br />
ersten politischen Wendemanöver veranlasst, das auch den nach Spanien<br />
gelangten Flüchtlingen zugute kam, indem (private) Hilfsorganisationen für<br />
sie sorgen durften. <strong>Chanan</strong> <strong>Hans</strong> <strong>Flörsheim</strong> gehörte zu der Gruppe, um die<br />
sich das American Jewish Joint Distribution Committee (abgekürzt als<br />
„Joint“ oder JDC) kümmerte.<br />
Waren die vor 1943 illegal ins Land Geflüchteten zunächst in Haft genommen<br />
und danach in Lager eingewiesen worden, so blieb <strong>Chanan</strong> <strong>Hans</strong><br />
<strong>Flörsheim</strong> und seinen Weggenossen dieses Schicksal erspart. Zwar verstrich<br />
ein halbes Jahr, bis sie am 26. Oktober 1944 das Land verlassen konnten.<br />
Bis dahin aber waren sie statt hinter Gefängnismauern und Lagerzäunen in<br />
Hotels und ähnlichen Quartieren untergebracht und durften sich frei bewegen.<br />
Hier fanden sie Gelegenheit zum Sprachstudium und die Muße, ihre<br />
Erfahrungen und Erlebnisse der zurückliegenden Monate und Jahre zu Papier<br />
zubringen, so auch <strong>Chanan</strong> <strong>Hans</strong> <strong>Flörsheim</strong> seinen hier vorliegenden<br />
Tagebuchbericht. Im Mai 1940, als die deutschen Truppen in Holland einmarschierten,<br />
war er gerade 17 Jahre alt.<br />
Als am 14. Juli 1942 die Massendeportation der in Holland lebenden<br />
Juden begann, reagierten die Betroffenen auf ganz unterschiedliche Weise.<br />
Die meisten sahen keine Chance, sich der Erfassung und Verhaftung durch<br />
die deutschen Besatzer zu entziehen. Sie alle landeten zunächst in Sammel-<br />
Lagern, hauptsächlich in Westerbork (Nordholland) oder Vught (bei Gouda),<br />
ehe sie dann in die Konzentrations- und Vernichtungslager verschleppt<br />
wurden.<br />
Es waren vor allem junge Leute, die sich als Hachscharah-Pioniere auf<br />
eine landwirtschaftliche oder handwerkliche Tätigkeit in Palästina vorbereiteten,<br />
die sich den Sammelbefehlen entzogen und den Razzien entkamen,<br />
indem sie untertauchten oder sich Papiere als „Arier“ beschafften. Ermöglicht<br />
wurde ihnen dies durch den selbstlosen Einsatz von Idealisten wie dem<br />
deutsch-jüdischen Berliner Joachim „Schuschu“ Simon, dem holländischjüdischen<br />
Ehepaar Menachem und Miriam Pinkhof und vor allem (ab Sommer<br />
1942) dem pazifistischen (christlichen) Lehrerehepaar Joop und Willie<br />
Westerweel. Ihnen gelang es an verschiedenen Orten in Holland sichere<br />
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