Hans Chanan Flörsheim - Hassia Judaica
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„Und du willst mir vormachen, dass dir ein so neuer Bekannter ohne jeden<br />
Grund Geld schenkt! Nee, mein Lieber, so etwas kannst du mir nicht<br />
vormachen! Entweder er hat dich geliebt oder du hattest einen Auftrag.“<br />
„Also, ich habe auch keine andere Erklärung dafür“, antwortete ich.<br />
„Wohl erinnere ich mich dunkel, dass, als er mir die Marschbefehle und das<br />
Geld gab, ich eben zögerte und eigentlich nichts annehmen wollte. Da sagte<br />
er: Na, wenn ich mal was von dir brauche, du weißt schon, wie man sagt:<br />
Eine Hand wäscht die andere.“<br />
Um die Glaubwürdigkeit meiner Aussage zu erhöhen, sagte ich das<br />
Sprichwort auf Holländisch, so wie er es mir gesagt hatte. Jetzt musste ich<br />
genau den Ort des Zusammentreffens beschreiben.<br />
(Hier muss ich eine kurze Erklärung für den Grund dieser jetzt folgenden<br />
Phantasie einschalten: Es war wahr, dass ich anfangs behauptet hatte,<br />
den von mir erfundenen de Jong im Zug kennengelernt zu haben. Aber<br />
später, nach langem Nachdenken in der Zelle, kam mir eine bessere Idee.<br />
Ich verlegte den Ort der ersten Bekanntschaft in ein bestimmtes Café in<br />
Paris und meine Absicht war, den SD dorthin zu locken, um den de Jong<br />
dort zu erwischen. Dieses konnte natürlich nur mit meiner Hilfe geschehen,<br />
und ich baute darauf, während einer Reise nach Paris, einer Fahrt mit der<br />
Metro, im Gewühl vom Boulevard Montmartre oder in dem Café selbst,<br />
eine Gelegenheit zur Flucht zu finden.)<br />
„Also, du sagst in Paris. Wo denn da ?“<br />
„In einem Café am Montmartre.“<br />
„Wie hieß das Café?“<br />
„Das weiß ich nicht und habe den Namen auch nie richtig gesehen, weil<br />
ich dort immer abends war.“<br />
„Ah, und kannst du nicht beschreiben, wie du gehen musstest und von<br />
welcher Metrohaltestelle aus?“<br />
Ich dachte nach. Dann fiel mir ein Café ein, wo ich einen Abend mal<br />
war, als ich über den Montmartre schlenderte.<br />
„Es war auf dem Boulevard Montmartre und von der Metrostation<br />
Montmartre nicht weit entfernt.“ Ich zeichnete ihm irgendetwas auf ein<br />
Papier. „Und von dem Café weiß ich nur, dass eine Kapelle von jungen<br />
Burschen in blauen Blusen spielte.“<br />
Er notierte sich alles genau und sagte dann, während er das Dossier zuklappte:<br />
„Also, ich denke, dass du ein Terrorist und ein Spion bist! Heute<br />
Nachmittag komme ich wieder. Bis dahin hast du Zeit zum Nachdenken.“<br />
Ich fragte ihn noch, ob es so Sitte sei, dass Spione und Terroristen ausge-<br />
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