Hans Chanan Flörsheim - Hassia Judaica
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Wir durften täglich eine bestimmte Summe verbrauchen für Essen und<br />
Schlafen, und den Rest gaben wir für Vergnügungen oder Naschereien aus.<br />
Eines Tages, wir waren, glaube ich, schon etwa 14 Tage in Toulouse, erschien<br />
plötzlich Kurt und begann die Situation mit uns zu besprechen. Es<br />
war nämlich unmöglich, noch länger in Toulouse abzuwarten, da ein längerer<br />
Verbleib in der Stadt aus Sicherheitsgründen unerwünscht war.<br />
Außerdem redeten wir über ein von französischer Seite eröffnetes Projekt<br />
für einen vorübergehenden Aufenthalt im „Maquis“ 33 , wofür nur Herbert,<br />
Abraham und ich in Betracht kamen, und zwar wegen unserer französischen<br />
Sprachkenntnisse. Herbert war der einzige, der gehen wollte, aber<br />
nachdem er sah, dass wir beide keine Lust dazu hatten, zog auch er sich in<br />
letzter Minute zurück.<br />
Ich war unterdessen ernsthaft mit der Ausführung meines Plans beschäftigt,<br />
unter dem Zug nach Spanien zu entkommen. Fast jeden Morgen ging<br />
ich zum Bahnhof, um vom Bahnsteig aus das Gestell des D-Zugs kennenzulernen.<br />
Ich fand dann auch eine Möglichkeit in der Nähe der Achse und<br />
besah mir alles, so gut wie es eben ging, denn das musste ja ganz unauffällig<br />
geschehen. Nachmittags trieb ich mich meistens in der Nähe des Emplacements<br />
herum, um dort den Mitropawagen, den Speisewagen, der höher<br />
als die anderen Wagen gebaut war, zu studieren. Abraham sah sich zusammen<br />
mit mir alles an und wollte mitmachen, Heinz Meyerstein ebenfalls.<br />
Als Berrie sich einmal auf dem Bahnhof den Unterteil eines Wagens angesehen<br />
hatte, bekam er wahrscheinlich solch einen Schrecken vor dem drohend<br />
aussehenden Gestänge, dass er darüber nie mehr oder höchstens in<br />
abschätzigen Worten sprach.<br />
Abraham und ich sprachen mit Willy und Kurt ernsthaft darüber, um<br />
unsern Plan zu verwirklichen. Aber die Sache war, dass beide uns nicht<br />
ernst nahmen. Kurt brachte allerlei vernünftige Argumente vor. Man müsste<br />
erst einmal eine Probefahrt machen, um zu sehen, ob es technisch möglich<br />
wäre. Ich war sofort entschlossen, auf der Strecke Toulouse – Bordeaux ein<br />
Stückchen unter dem Wagen zu fahren. Die anderen Freunde versuchten,<br />
uns mit allen Überredungskünsten davon abzubringen und uns zu bewegen,<br />
mit ihnen zum „Maquis“ zu gehen.<br />
33 Wörtlich: Gestrüpp. Schwer zugängliche Gebiete in Frankreich, in denen sich bewaffnete<br />
französische Widerstandsgruppen gegen die deutsche Besatzung befanden; deshalb auch<br />
Bezeichnung für den französischen Widerstand. (Ch.Fl.)<br />
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