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Hans Chanan Flörsheim - Hassia Judaica

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en, vereinzelten Bauernhöfen oder Dörfern, die bald zu kleinen Städtchen<br />

heranwuchsen.<br />

Nachdem wir uns eingeschrieben hatten, brachte man uns in das Hauptgebäude,<br />

das im Erdgeschoss den großen Essraum und die Küche beherbergte<br />

und im ersten Stock eine lange Reihe von Wohn- und Schlafräumen hatte. Im<br />

Halbkreis um dieses Hauptgebäude herum standen Baracken, worin die meisten<br />

der Bewohner des Werkdorps lebten.<br />

Mir wurde ein Bett in einem der Zimmer im Hauptgebäude zugewiesen,<br />

denn diese ganze Etage war für die jüngeren Insassen und Mitglieder der zionistischen<br />

Organisation bestimmt.<br />

Ich vergaß zu erwähnen, dass ich im letzten Schuljahr durch einen<br />

Freund in der Maccabi-Hazair-Bewegung 13 gelandet war und dort manch<br />

angenehme Samstagnachmittage verbracht hatte. Damals diskutierte man<br />

über sehr hochtrabende Themen, von denen ich nicht allzu viel verstand.<br />

Da ich also Zionist war, kam ich auch in die bessere Wohngelegenheit.<br />

Im ganzen bestand die Bevölkerung aus circa 300 Jungen und Mädchen,<br />

alle entweder aus Deutschland oder Österreich stammend. Sie wurden alle<br />

in den Jahren 1938-1939 unter der Bedingung zugelassen, nach zwei Jahren<br />

Ausbildung wieder auszuwandern.<br />

In diesen Jahren lernten alle einen Beruf, den sie später entweder in Palästina<br />

oder sonstwo auszuüben gedachten. Ungefähr die Hälfte der Bevölkerung<br />

bereitete sich auf Palästina vor und war voneinander geschieden<br />

durch Zugehörigkeit zu bestimmten Parteien oder Bewegungen, wie es im<br />

Zionismus deren viele gab.<br />

Wir drei Neulinge hatten mit noch einzelnen anderen eine Art Ausnahmestellung.<br />

Wir kamen nach absolvierter Schule aus Amsterdam, konnten<br />

ab und zu nach Hause fahren und hatten ein größeres Taschengeld zur Verfügung<br />

– alles Vorzüge, die die meisten nicht hatten. Ich musste mich wieder<br />

daran gewöhnen, Deutsch zu sprechen, denn das war die Umgangssprache<br />

im Werkdorp. Nur wenige lernten Holländisch, was auch nur nötig war<br />

beim Umgang mit den holländischen Vorarbeitern.<br />

Die Arbeit im Freien im Gartenbau, dem ich zugeteilt wurde, machte<br />

mir viel Spaß. Unser Vorarbeiter war ein netter Mann, der in einem Dorf<br />

ganz in der Nähe wohnte. Bald kam der Winter, die Erde war gefroren und<br />

mit Schnee bedeckt, und dann bestand unsere Arbeit hauptsächlich darin,<br />

Bohnen zu sortieren. Die Abende verbrachte ich meistens in einem der<br />

Aufenthaltsräume, die jede Gruppe hatte. Ich zog jenen Klubraum vor, wo<br />

13 Bürgerlich-liberale Jugendbewegung. (Ch.Fl.)<br />

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