Hans Chanan Flörsheim - Hassia Judaica
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dem Bergkamm angekommen! Vor uns ging es wieder steil bergab. Als die<br />
Reihe an mir war, mich zu verabschieden, fragte ich noch sicherheitshalber,<br />
ob wir wirklich an der Grenze wären. Er bejahte. Dann waren wir uns selbst<br />
überlassen.<br />
Zunächst ging es in Riesenkurven hinab. Man rutschte mehr als man<br />
ging. Eine unsagbare Freude hatte mich erfasst! Endlich waren wir in Spanien!<br />
Trotz allem war es also gelungen! Was würden sich unsere Kameraden<br />
in Frankreich freuen! Leider hatten wir die allerletzten Briefe, die wir<br />
geschrieben hatten, nach dem Zwischenfall vom gestrigen Tag sicherheitshalber<br />
ins Feuer geworfen.<br />
Langsam wurde es von Osten her Tag. Der Passeur hatte uns noch gesagt,<br />
dass wir immer Richtung Südwest laufen müssten, um das Tal zu<br />
erreichen. Aber das war leichter gesagt als getan, denn wir hatten nur einen<br />
Kompass, und der war nicht zuverlässig. So gingen wir in die vermutete<br />
Richtung. Es fehlte natürlich auch nicht an heftigen Diskussionen unter den<br />
Franzosen, die die Erklärungen über den Weg verstanden hatten und mit<br />
den Beschlüssen des Leiters unserer Kolonne nicht einverstanden waren.<br />
Mal kletterten wir Felswände hinauf, dann wieder hinunter, mal zu weit<br />
nach rechts, ein andermal zu weit nach links. Da der Verlauf der Grenze<br />
keine gerade Linie war, bestand die Gefahr nämlich darin, dass man wieder<br />
auf französischen Boden kam.<br />
So irrten wir Stunden umher. Beim Frühstück hatte jeder das letzte Restchen<br />
Essbares aufgegessen, und auch schon deshalb mussten wir noch heute<br />
das Tal finden. Viele wurden ungeduldig. Man murrte hie und da, und das<br />
war verständlich, denn die Nervenanspannung der vergangenen Tage machte<br />
sich erst jetzt bemerkbar.<br />
Gegen Mittag hörten wir zwei Kameraden, die vorausgegangen waren,<br />
aufgeregt rufen und dabei die Arme schwenken. Als wir näher kamen,<br />
konnten wir kaum unseren Augen trauen: Ganz weit in der Ferne sahen wir<br />
ein breites Tal mit einem Flussbett in der Mitte und vereinzelte Bauernhöfe.<br />
Mit erneuten Kräften gingen wir weiter. Wir rannten fast, denn das Gelände<br />
erlaubte das jetzt. Es dauerte nicht lange, und wir kamen an einen kleinen<br />
Bach, wo sich jeder erst einmal erfrischte. Einige rasierten sich sogar.<br />
Dann setzten wir unsern Weg fort. Aber es war noch ein weiter Weg.<br />
Wir sahen wohl ab und zu das Tal liegen, aber wie hinunter kommen? Herman<br />
Italiaander und ich gingen eine Zeit lang einen anderen Weg und stießen<br />
später auf einer Wiese wieder zur Gruppe. Langsam spürte ich meine<br />
Füße. Andere hatten schon mehr Schmerzen, und jeder sehnte sich das Ende<br />
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