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Hans Chanan Flörsheim - Hassia Judaica

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ausgerüstet ging. Auf dem Kopf eine Lederkappe, die nur die vordere Gesichtshälfte<br />

freiließ, einen guten Rucksack, Knickerbocker und - was uns<br />

allen imponierte - in der hinteren Hosentasche einen gefährlich aussehenden,<br />

geladenen Revolver. Jeder von uns hoffte, dass es nicht nötig sein<br />

würde, von der Waffe Gebrauch zu machen.<br />

Nach den ersten 100 Metern begann sich unsere erst dicht aufgeschlossene<br />

Gruppe schon in die Länge zu ziehen. Vor allem die älteren Mitglieder<br />

bildeten den Schwanz, und nach einer guten halben Stunde musste<br />

Halt gemacht werden, weil der 46 Jahre alte Mann nicht mehr weiter konnte.<br />

Kalkweiß saß er auf einem Stein, Schweißperlen auf der Stirn. Man gab<br />

ihm den für diese Fälle mitgenommenen Cognac zu trinken, und so ging es<br />

wieder 10 Minuten. Dann sah jeder und besonders der Führer die zwecklose<br />

Anstrengung des Mannes, und man gab ihm den Rat zurückzugehen und<br />

wieder nach Toulouse zu fahren. Denn jetzt war es noch nicht zu spät und<br />

der Weg ins Tal nicht zu verfehlen. So geschah es denn auch. Dieser Zwischenfall<br />

trug keineswegs zur Hebung unserer Stimmung bei, da jeder sich<br />

selbst fragte, was man wohl machen würde, wenn einem etwas Ähnliches<br />

später passierte und keine Möglichkeit zur Umkehr bestünde.<br />

Schwer atmend unter unserem Gepäck und ob der ungewohnten Anstrengung,<br />

ging es ziemlich flott immer noch bergauf. Das Wetter hatte sich<br />

zusehends verschlechtert. Der Himmel war völlig mit grauen, tiefhängenden<br />

Wolken bedeckt.<br />

Im Laufe des Marsches hörten wir, dass der Schwager von Adrian, so<br />

hieß unser Bergführer, uns oben erwartete, um zu berichten, ob die Passage<br />

möglich wäre.<br />

Nach ca. zwei Stunden Aufstieg machten wir zum ersten Mal eine Pause<br />

von 10 Minuten. Man aß eine Kleinigkeit und warf überflüssige Gegenstände,<br />

wie Zeitungen oder Bücher, fort. Dann hieß es wieder: „Allez!“<br />

Das nun folgende Stück wurde immer schwerer. Es war inzwischen<br />

16:30 Uhr geworden, und ein ganz leichter Regen fiel. Wir gingen schwer<br />

keuchend aufwärts. An einem Bächlein wurde Halt gemacht, um etwas zu<br />

trinken. Dann trafen wir etwas später den Schwager, der denen, die noch<br />

keine Stöcke hatten, einen gab. Ab jetzt führte der Schwager, und Adrian<br />

ging am Ende. Langsam, ohne dass man es merkte, kam die Dämmerung.<br />

Wir befanden uns jetzt in einem Wald und etwas weiter oben war schon<br />

der erste Schnee zu sehen. So gingen wir nun schweigsam, jeder mit seinen<br />

eigenen Gedanken beschäftigt. Die Spitze bildeten Herbert und Heinz Meyerstein,<br />

ich lief in der vorderen Mitte, und den Schluss bildeten die Älteren.<br />

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