09.11.2012 Aufrufe

Hans Chanan Flörsheim - Hassia Judaica

Hans Chanan Flörsheim - Hassia Judaica

Hans Chanan Flörsheim - Hassia Judaica

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

„Ja“, antwortete ich, „bezahlen kann ich schon, aber ich steige sowieso<br />

an der nächsten Station aus und fahre erst morgen weiter nach Toulouse.“<br />

Damit war die Sache erledigt. In der Tat näherte sich der Zug meinem<br />

Ziel, Peyrehorade. Der Express verlangsamte seine Schnelligkeit und hielt<br />

quietschend. Ich nahm mein Bündel und stieg aus. Es regnete immer noch,<br />

aber zur Abwechslung ganz fein. Der Bahnhof war ungefähr 800 Meter<br />

vom Dorf entfernt. Als ich das wahrnahm, machte ich kehrt, um nicht unnötigerweise<br />

meinen Rucksack mitzuschleppen; diesen ließ ich bei der Gepäckaufbewahrung<br />

zurück. Ich wollte ja nach erledigter Mission abends um<br />

18:30 Uhr weiterfahren. Ich steckte mir etwas zum Essen in die Manteltaschen<br />

und machte mich auf die Suche nach dem Hotel „La Roserie“.<br />

Hinterher besehen, kann ich nur sagen, dass ich keinerlei Vorgefühle hatte<br />

betreffs dessen, was nun geschah. Vielleicht war ich noch etwas unter dem<br />

Eindruck des etwas unerwarteten Zwischenfalls im Zug und meine Gedanken<br />

beschäftigten sich noch damit. Auch dachte ich in keinem Moment an<br />

Willys Warnung: „Pass auf, dass du nicht auch so reinfliegst wie Abraham!“<br />

Nein, ich marschierte ruhig und heiter meinem Schicksal entgegen.<br />

Alles in mir war sehr geordnet. Ich war ganz zufrieden, dass ich nicht<br />

wieder zu einer Baustelle zurück musste. Ich hatte eine Aufgabe zu erfüllen,<br />

ähnlich der, die ich in Amsterdam hatte, und ich freute mich schon auf den<br />

nächsten Tag, den Freitag, den ich nach Willys Beispiel in Lourdes zu<br />

verbringen gedachte. Denn meine Verabredung in Toulouse war erst auf<br />

Samstagmittag festgesetzt.<br />

Schließlich sah ich das bewusste Hotel. Ein Haus, durch einen verwahrlosten<br />

Vorgarten etwas abgetrennt von der Straße. Mit verwischten Buchstaben<br />

las ich auf einem Schild „Hotel de la Roserie“. Im dem Garten bemerkte<br />

ich deutsche Soldaten, die Pferde striegelten. Sofort wurde mir klar,<br />

dass das Hotel von der Wehrmacht beschlagnahmt worden war. Trotzdem<br />

war es möglich, dass der Besitzer, eben der Freund von Christiaan, mit dem<br />

wir in Bordeaux zusammen gegessen hatten, noch dort wohnte und wenn<br />

nicht, dann konnte ich auch nichts ändern und meine Nachforschungen über<br />

Abraham wären auf dem toten Punkt angelangt. Ich durchquerte den Garten<br />

und fragte den ersten, besten Rekruten, der mir über den Weg lief, nach<br />

dem bewussten Hotelbesitzer. Er war, seinem Deutsch nach zu urteilen, ein<br />

sogenannter Volksdeutscher, und brummte etwas von Schreibstube und<br />

wies mit der Hand nach oben.<br />

Ich erkundigte mich, als ich ins Haus eintrat, bei einem zweiten Soldaten<br />

und erhielt die gleiche Antwort, nur dass dieser mich nach oben geleitete. In<br />

128

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!