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Hans Chanan Flörsheim - Hassia Judaica

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se hatte Willy uns alle angemeldet. Er war unser Transportführer mit all den<br />

dazugehörigen Papieren, und man traf ihn in einem Bett - wegen Platzmangel<br />

- mit Lore an! Der Beamte zog sich daher schnell und diskret zurück.<br />

Wir machten eine herrliche Fahrt am Rande der Pyrenäen entlang und<br />

hatten Aussichten, wie man sie nur in Reiseprospekten sieht. Mittags aßen<br />

wir im Speisewagen und alle waren in der besten Stimmung. Um 14 Uhr<br />

kamen wir in Pau an. Dort wurde die Stimmung schon etwas gedämpfter, da<br />

es jetzt langsam ernst zu werden begann. Manchmal bildete man sich ein,<br />

Gestapoagenten in der Nähe zu sehen, aber dies waren ganz natürliche Erscheinungen.<br />

Während wir dann in der Februarsonne zwischen all den Palmen<br />

saßen, schrieben wir noch einen mit Galgenhumor gewürzten Brief<br />

nach Holland.<br />

Um 17:30 Uhr abends fuhren wir mit einem Bummelzug Richtung Oloron<br />

- St. Marie. Diese Strecke war schon ziemlich gefährlich, da es bei einer<br />

Kontrolle gar nicht sicher war, ob unsere Papiere noch ausreichten. Wir<br />

verteilten uns in kleine Gruppen, und Ludi und ich stiegen zusammen in ein<br />

Coupé. Ich muss gestehen, dass ich noch nie so nervös war wie während der<br />

langen Wartezeit in Pau und dieser Fahrt. Ich beruhigte mich nur langsam,<br />

während Ludi dauernd Brote vorbereitete, und ich aß darauf los, nur um die<br />

Gedanken abzulenken.<br />

Aber alles ging glatt. In St. Christau, zwei Bahnstationen hinter Oloron,<br />

stiegen wir aus. Am Ausgang des winzigen Bahnhofsgebäudes stand unser<br />

Passeur, der sich durch ein bestimmtes Zeichen zu erkennen gab. Willy<br />

sprach mit ihm, und dann gingen wir alle neun ins Freie. Gleich in der Nähe<br />

war ein Gasthaus, und dort setzten wir uns eine Weile nieder, tranken Bier<br />

und verhielten uns wegen der Anwesenheit einiger Fremder meistens<br />

schweigsam. Gegen 20 Uhr brachen wir auf, denn draußen war es völlig<br />

dunkel geworden. Willy ging noch immer mit uns mit. Beim Überqueren<br />

einer Landstraße mussten wir uns platt auf den Boden werfen, um nicht<br />

vom Scheinwerfer eines Autos erfasst zu werden. Doch dann ging es ohne<br />

Zwischenfälle weiter. Kurz darauf nahmen wir von Willy Abschied. Er<br />

teilte uns noch eine Adresse in Pau mit, wo Papiere hinterlassen waren, für<br />

den Fall eines abermaligen Fehlschlags.<br />

Der Passeur ließ uns jetzt alleine weitergehen, nachdem er Hugo Zadok,<br />

der gut französisch sprach, alles erklärt hatte. Er musste nämlich mit Willy<br />

in sein Dorf zurückkehren, um für ihn ein Nachtquartier zu suchen. Hugo<br />

bildete also jetzt die Spitze unserer Gruppe, und es ging eine ganze Zeit an<br />

der Eisenbahnlinie entlang. Nach einer ¾-Stunde befanden wir uns an dem<br />

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