Hans Chanan Flörsheim - Hassia Judaica
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Freundes Ali aus Leipzig, luden mich in die Vereinigten Staaten ein, aber hier<br />
schaltete sich das Gefühl der Treue und Solidarität mit jenen Kameraden ein,<br />
die sich für meine Rettung aufgeopfert hatten und deren Ideal Palästina war.<br />
So kam es, dass es nur ganz wenige gab, die in Spanien beschlossen,<br />
nicht mit uns nach Palästina zu fahren.<br />
Während der Seefahrt hielten wir einen ähnlichen Tagesplan ein wie in<br />
Spanien. Die verschiedenen Kurse wurden fortgesetzt, einige fröhliche Abende<br />
wurden organisiert, aber im Großen und Ganzen beschäftigte sich jeder<br />
mit der Zukunft und schmiedete Pläne. Anfangs hatte ich verschiedene Gedanken,<br />
einen bestimmten Beruf zu erlernen, dann wieder kam mir die Landwirtschaft<br />
in den Kopf und damit der Kibbuz. Aber der Kibbuz war etwas,<br />
was in tiefen Nebel gehüllt war, für mich jedenfalls.<br />
Dieses waren so meine Gedanken, als wir am Samstag, den 4. November<br />
1944, gegenüber der hell erleuchteten Stadt Haifa vor Anker lagen. Wir<br />
mussten uns bis zum nächsten Tag gedulden, da man den Schabbat nicht<br />
entweihen wollte.<br />
Endlich in Erez Israel<br />
Am nächsten Morgen war es endlich soweit. Bevor wir von Bord gingen,<br />
wurden wir von offiziellen Persönlichkeiten begrüßt, dann sangen wir alle<br />
feierlich die „Hatikva“ („Die Hoffnung“, heutige israelitische Nationalhymne)<br />
und jeder bekam eine Apfelsine in die Hand gedrückt. Unten stand<br />
eine neugierige Menschenmenge, die uns begrüßte. Die Ankunft eines<br />
Schiffes mit Flüchtlingen aus Europa mitten im Krieg war ja auch ein ganz<br />
besonderes Ereignis.<br />
Reporter versuchten, uns Fragen zu stellen, aber es wurde uns keine Zeit<br />
gelassen. Wir marschierten zu den bereitstehenden Autobussen, und begleitet<br />
von einem englischen Soldaten - dem ersten, den ich zu sehen bekam - fuhren<br />
wir bei herrlichem Sonnenschein an der Küste entlang in das Quarantänelager<br />
Atlit. Dort quartierte man uns in Holzbaracken ein und erklärte uns, dass wir<br />
einige Tage im Lager bleiben würden, bis alle bürokratischen Prozeduren abgewickelt<br />
wären und der britische Geheimdienst uns ausgeforscht hätte.<br />
Wir waren nicht die einzigen Lagerinsassen. Ein Tag vor uns war ein Schiff<br />
aus Rumänien angekommen. Vor allem vor den Mahlzeiten gab es immer ein<br />
großes Gedränge. Und dann änderte sich plötzlich das Wetter und es regnete<br />
heftig. Dadurch wurde das ganze Lager ganz modrig und wir in unsern in Spa-<br />
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