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Hans Chanan Flörsheim - Hassia Judaica

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31. Oktober 1944<br />

Heute fahren wir ganz nahe an der Küste von Sizilien. Man kann sogar<br />

Dörfer und Häuser erkennen.<br />

Diese ganze Seereise wird ein richtiger Genuss! Die See ruhig. Stille<br />

ringsumher. Nur eine unendliche Weite von blauem Meer und über uns<br />

blauer Himmel. Und nachts die romantische Beleuchtung vom Mond über<br />

der schwarzen Fläche des Mittelmeers. Das alles sieht dann so geheimnisvoll<br />

aus.<br />

Wir verfolgen den Verlauf der Seefahrt, indem wir die Fähnchen auf der<br />

Karte des Schiffs jeden Tag versetzen. Man sagt uns, dass, wenn alles nach<br />

Plan verläuft, wir in circa vier bis fünf Tagen, das heißt am Sonntag, in<br />

Haifa ankommen werden.<br />

1. November 1944<br />

Den ganzen Tag die Insel Kreta umfahren.<br />

4. November 1944<br />

So gegen 11:30 Uhr große Aufregung. Einer der portugiesischen Matrosen<br />

winkt uns und ruft: „Palestina vista!“. Alle rennen zur Reling und wirklich,<br />

ganz weit weg die Umrisse von Bergen.<br />

Je mehr die Zeit vergeht, desto besser sehen wir unser Ziel nahen. Um 3<br />

Uhr nachmittags fahren wir in die Bucht von Akko hinein und werfen Anker<br />

am Eingang zum Hafen von Haifa. Die Stadt sehen wir gegenüber an den<br />

Abhängen des Carmelbergs, sie macht den Eindruck einer modernen Stadt.<br />

So also komme ich in das Land meiner Vorfahren. Ich will aber gar<br />

nicht behaupten, dass hier ein Traum in Erfüllung gegangen ist. Zwar war<br />

ich in Amsterdam eine kurze Zeit in einer zionistischen Jugendbewegung<br />

gewesen, dem Maccábi Hazaír, und deswegen nachher in Wieringen in dem<br />

zionistischen Wohnviertel, aber das alles sagte mir nicht viel. Um ganz<br />

ehrlich zu sein, definiere ich meine Ankunft in Palästina noch heute als die<br />

Folge eines Tritts in den Hintern, den ich von den Nazis bekam. Denn sonst<br />

würde ich noch heute in meinem Geburtsland Deutschland leben, ohne<br />

jeglichen Gedanken an Auswanderung. Aber durch den Sturm der Zeiten, in<br />

den ich hineingerissen wurde, landete ich zu meinem Glück in einem Kreis,<br />

den einige führende Kameraden in der Untergrundbewegung leiteten und<br />

der sich Palästina zum Ziel gesetzt hatte.<br />

Während der langen Wartezeit in Spanien hatte ich Gelegenheit, eine andere<br />

Richtung einzuschlagen. Gute Freunde aus Leipzig, die Eltern meines<br />

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