Hans Chanan Flörsheim - Hassia Judaica
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schierten hinter ihm her auf die Straße, wo einige Taxis bereitstanden. Unsere<br />
Stimmung wurde wieder sehr gut, als wir so elegant in Gruppen zu<br />
fünft durch die sonnenüberfluteten, verkehrsreichen Straßen von Madrid<br />
fuhren.<br />
Bald erreichten wir das Diplomatenviertel und stoppten vor dem Haus<br />
mit der uns so bekannten Adresse, Eduarto Dato 20, dem Büro von Mr.<br />
Blickenstaff, dem amerikanischen Konsul. Da stellte sich heraus, dass die<br />
Ursache unseres Missgeschicks die Tatsache war, dass wir einen Tag zu<br />
früh gekommen waren und die Polizei in Madrid noch keine Bestätigung<br />
von unserer Abreise aus Pamplona erhalten hatte. Man bedauerte uns und<br />
danach nahmen die Formalitäten ihren Lauf. Wir bekamen die Adresse<br />
einer Pension, wo wir zu fünft wohnen würden, erhielten Geld, um uns<br />
einzukleiden, und auch für Zigaretten, und dann zogen wir von dannen zu<br />
unserer neuen Behausung. Diese stellte sich als sehr gut heraus, gute Betten,<br />
gutes Essen und an der Hauptstraße von Madrid gelegen, der Avenida José<br />
Antonio.<br />
Nachmittags wurden Einkäufe gemacht, und bald waren wir alle, die<br />
bisher ziemlich eintönige American-Joint-Kleidung 39 trugen, in Gentlemen<br />
verwandelt. Jeder hatte einen neuen Anzug, neue Schuhe und irgendwelche<br />
Pakete unter dem Arm.<br />
Abends gingen wir zum ersten Mal in Spanien ins Kino und sahen den<br />
Märchenfilm „Der Dieb von Bagdad“ in Technicolor. Ich war aber derart<br />
übermüdet, dass mir oft die Augen zuklappten, sodass ich kaum etwas vom<br />
Film sah. Ich war froh, als ich mich endlich um 1 Uhr nachts schlafen legen<br />
konnte. Der nächste Tag, Donnerstag, wurde wieder mit Einkäufen verbracht,<br />
denn man hatte uns gesagt, dass man keine Pesetas mit aufs Schiff<br />
nehmen konnte. Da wir in Leiza viel gespart hatten, denn es gab da keine<br />
Gelegenheit, viel Geld auszugeben, hatte jeder von uns eine beträchtliche<br />
Summe in der Tasche, und in diesen drei Tagen in Madrid mussten wir<br />
versuchen, alles auszugeben.<br />
Ich machte noch einen schnellen Abstecher in den Retiro, Madrids schönen<br />
Stadtpark, um eben noch etwas von der Stadt zu sehen. Außerdem<br />
genossen wir die lang entbehrten Herrlichkeiten der Konditoreien und aßen<br />
Eis am laufenden Band.<br />
39<br />
Joint (American Joint Distribution Committee): Jüdische Hilfsorganisation in den<br />
Vereinigten Staaten. (Ch.Fl.)<br />
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