Hans Chanan Flörsheim - Hassia Judaica
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ebenfalls unter portugiesischer Flagge fuhr. Mit an Bord <strong>Chanan</strong> <strong>Hans</strong><br />
<strong>Flörsheim</strong>, am 2. April 1923 in Rotenburg an der Fulda geboren, von dort<br />
im Juni 1933 mit den Eltern nach Leipzig geflüchtet. Im Mai 1937 schickten<br />
sie den Jungen zu Verwandten nach Amsterdam, wo sie ihn in Sicherheit<br />
wähnten.<br />
Nach der Kapitulation Frankreichs im Juni 1940 hatten Zehntausende<br />
von Flüchtlingen aus Mitteleuropa versucht, über die iberische Halbinsel<br />
nach Übersee zu gelangen. Doch ein Transitvisum erteilten die spanischen<br />
Konsulate ab 1939 nach Francos Sieg im Bürgerkrieg nur noch, wenn ein<br />
portugiesisches Einreisevisum vorlag. Solches in Händen gelangten Lion<br />
Feuchtwanger, Heinrich Mann und Franz Werfel mit ihren Ehefrauen im<br />
August 1940 über die östlichen Ausläufer der Pyrenäen in den spanischen<br />
Grenzort Portbou. Walter Benjamin, der es Ende September 1940 auf der<br />
gleichen Route dorthin schaffte, entzog sich dem drohenden Rücktransport<br />
nach Frankreich durch Freitod, dessen Umstände bis auf den heutigen Tag<br />
ungeklärt sind.<br />
Im November 1942 besetzten Hitlers Truppen auch den südlichen, vom<br />
Vichy-Regime regierten Teil Frankreichs. Das Programm der „Endlösung“,<br />
der Verschleppung der Juden nach Polen in die Konzentrations- und Vernichtungslager,<br />
hatte Frankreich allerdings schon im Sommer 1942 erreicht,<br />
als sich das Vichy-Regime verpflichtete, die sich dort aufhaltenden ausländischen<br />
Juden auszuliefern und im Zuge seiner zunehmenden Selbstgleichschaltung<br />
seine Polizeibehörden dabei einsetzte. Jede Person, die sich innerhalb<br />
einer 30 km breiten Grenzzone nicht als ortsansässig ausweisen<br />
konnte, wurde grundsätzlich zur näheren Überprüfung festgenommen. Seit<br />
dem 18. Februar 1943 galten dann sämtliche grenznahen Orte als Sperrzone<br />
– mit Kontrollposten an jeder Ortsausfahrt. Diese Maßnahmen konnten aber<br />
die Flüchtlingsbewegung nach Spanien aufgrund der lückenhaften Kontrolle<br />
über die unwegsame Berglandschaft nicht völlig verhindern. Auch während<br />
der von November 1942 bis August 1944 bis an die spanische Grenze<br />
ausgedehnten deutschen Herrschaft sollen 12.000 jüdische Flüchtlinge über<br />
heimliche Trampelpfade den Weg über die Pyrenäen gefunden haben, meistens<br />
geführt von einem kundigen Bergführer (passeur). Ihnen allen war es<br />
gelungen, zunächst die französische Gendarmerie mit Hundestreifen und<br />
danach die deutschen Militärpatrouillen zu umgehen. Damit aber waren sie<br />
noch längst nicht allen Gefahren entronnen, wie Wetterstürzen, Lawinen,<br />
schweren Verletzungen oder Erschöpfung.<br />
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