Hans Chanan Flörsheim - Hassia Judaica
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erstaunt zu hören, dass wir von nichts wussten, und erzählte, dass 4 von uns<br />
gehen könnten und am Dienstagmorgen in Bordeaux sein müssten. Herbert,<br />
der mit mir beim Telefon stand, und dem ich die Nachricht zurief, rannte<br />
sofort auf einen gewissen Ort los, an dem man in solchen Fällen die Folgen<br />
großer Aufregung zu deponieren pflegt. Mir ging es auch nicht anders, nur<br />
kam es nicht so plötzlich wie bei ihm. Große Aufregung! Es wurde zwischen<br />
Herbert, Rie, Max und mir noch einiges, vor allem Finanzielles, besprochen,<br />
und dann gingen wir Emil wachmachen, um ihm die frohe Nachricht<br />
zu überbringen. Danach nahmen wir von den anderen Abschied, da<br />
diese morgens wie gewöhnlich zur Arbeit gehen mussten und wir im Laufe<br />
des Tages abfahren würden. An diesem letzten Abend in Biville kam ich<br />
sehr spät nach Hause und konnte es nicht unterlassen, Zippi zu wecken, um<br />
ihm alles zu erzählen. Spät, sehr spät, schlief ich ein.<br />
Ich wachte auf, als Zippi schon angekleidet war. Das Licht brannte<br />
noch. Draußen wurde es langsam Tag. Zippi gab mir noch Adressen um -<br />
wenn ich einmal glücklich in Spanien landen würde - an seine Schwester zu<br />
schreiben, die in England lebte. Unser Abschied war sehr herzlich. Wir<br />
waren, seit wir unsere gemeinsame Reise Amsterdam - Auffay angetreten<br />
hatten, sehr gute Freunde geworden. Es tat mir leid, dass er nicht mitging,<br />
aber er wollte auf Lolly, seine Freundin, warten. Wir drei Spanienkandidaten<br />
packten und erledigten unsere letzten Vorbereitungen und waren in<br />
zuversichtlicher Stimmung.<br />
Um 15 Uhr sollten wir uns mit Rie in Auffay treffen, da sie noch einige<br />
Besorgungen für uns machen wollte. Meinen Bäckersleuten erzählte ich,<br />
dass ich in Urlaub nach Holland ginge, und schenkte dem Mann noch zum<br />
Abschied ein Päckchen Tabak. Herbert und Emil gingen zuerst hinunter<br />
nach Auffay, ich folgte ihnen etwas später. Wir mussten jedes Aufsehen<br />
vermeiden, da es sich ja doch um eine fluchtartige Abreise handelte. Auf<br />
dem Weg nach Auffay kam mir plötzlich ein Autobus der Wehrmacht entgegen<br />
und schon fürchtete ich, dass darin unsere Chefs säßen und diese<br />
mich vielleicht sehen könnten. Ich stand daher mit dem Gesicht von der<br />
Straße abgewandt und ließ so den Bus an mir vorbeifahren. Wie ich später<br />
hörte, waren unter den Insassen gerade einige Jungen von uns, darunter<br />
auch <strong>Hans</strong> Ehrlich, die Gérard gerade aus Holland geholt hatte.<br />
Im verabredeten Café in Auffay trafen wir Rie mit Emil Glücker, der<br />
auch gerade auf Besuch gekommen war. Der Abschied auf dem Bahnhof<br />
dauerte sehr lange, da der Zug nicht abfahren wollte. Die Stimmung war<br />
großartig und konnte gar nicht besser sein.<br />
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