Hans Chanan Flörsheim - Hassia Judaica
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Jetzt kam der große Moment, auf den wir länger als fünf Monate gewartet<br />
hatten: Wieder zusammen zu sein mit unseren alten Freunden! Und was<br />
für ein Wiedersehen wurde es! Der Zug kam mit einigen Minuten Verspätung<br />
angerollt, und dann ging es los! Alle hingen an den Fenstern. Unzählige<br />
Hände streckten sich uns entgegen und man überschüttete einander mit<br />
Fragen.<br />
Es war wirklich ein großes Ereignis. Wir nahmen in dem Waggon Platz,<br />
wo alle unsere Holländer saßen. Jeder bekam ein Proviantpäckchen, um damit<br />
bis Cadiz auszukommen, und dann setzte sich der Zug in Bewegung.<br />
Bald hatten wir Madrid hinter uns, und eine Fahrt begann von morgens 9<br />
Uhr bis nachts um 2 Uhr. Aber so schnell wie jene Fahrt ist mir noch nie<br />
eine solch lange Strecke vergangen. Die Zeit verflog mit Erzählungen, Fragen,<br />
Antworten, Essen und Unterhaltungen. Ab und zu sah man hinaus auf<br />
die vorüberziehende Landschaft, die im allgemeinen ziemlich eintönig war.<br />
Es wurde immer heißer, je südlicher wir kamen, und bald musste man<br />
sich an jeder Station, wo der Zug hielt, etwas Erfrischendes kaufen. Typisch<br />
für jene südliche Gegend waren die Wasserverkäufer, die für wenige Centimos<br />
ihr kostbares Nass aus großen Krügen verkauften.<br />
In Cordoba ereignete sich ein kleiner Zwischenfall, der einzige auf der<br />
langen Fahrt: Der Zug fuhr immer nach mehrmaligem Pfeifen weiter und<br />
eine Gruppe von circa 19 Mann musste wohl dieses Warnsignal überhört<br />
haben, denn wir fuhren ab und sahen die Zurückgebliebenen verzweifelt<br />
winken, aber es half nichts. Doch auf der nächsten Station, Sevilla, wartete<br />
der Zug, bis alle, von einigen Taxis befördert, wieder den Zug bestiegen.<br />
Spät in der Nacht kamen wir in Cadiz an, und es dauerte noch ganze<br />
zwei Stunden, bis wir endlich nach vielem Theater in Hotelzimmern verstaut<br />
wurden. Diejenigen, die aus Barcelona kamen, wurden in einem zwei<br />
Kilometer vor der Stadt gelegenen Hotel einquartiert, während wir „Madrider“<br />
in der Stadt untergebracht wurden. Ich hatte ein schlechtes Zimmer mit<br />
Herbert Lifmann bekommen, und es war fast 5 Uhr morgens, bis wir zu<br />
Bett gehen konnten.<br />
Man schrieb Samstag, den 30. September 1944.<br />
Jeder von uns, der dachte, dass unser Schiff wirklich innerhalb von zwei<br />
Tagen erscheinen würde, sah bald ein, dass er sich Illusionen gemacht hatte.<br />
Denn bald stellte sich heraus, dass für die Durchquerung des Mittelmeers<br />
die Zustimmung der kriegführenden Mächte nötig war. Und das konnte<br />
noch eine ganze Zeit dauern. Ich zog nach zwei Nächten aus dem Hotel in<br />
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