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Hans Chanan Flörsheim - Hassia Judaica

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Über die Pyrenäen in die Freiheit – der vierte Anlauf<br />

Einerseits saß mir noch der Schrecken von meiner Haftzeit in den Gliedern,<br />

andererseits reizte es mich doch, wieder einmal etwas zu wagen, vielleicht<br />

diesmal mit Erfolg. Außerdem hatte ich einen Teil meiner Habseligkeiten in<br />

Biarritz zurückgelassen. Ich wollte bis zum morgigen Tag warten, an dem<br />

Willy in Bordeaux erwartet wurde, um mit ihm über alle eventuellen Möglichkeiten<br />

zu sprechen.<br />

Abends gingen wir zu Ernsts Wohnung, wo ich auch schlafen sollte.<br />

Dort zog ich zum ersten Mal seit langer Zeit wieder anständige Kleidung an<br />

und dann fuhren wir zum Bahnhof in der vagen Hoffnung, dass Willy vielleicht<br />

verfrüht aus Paris abgereist war. Aber unverrichteter Sache kehrten<br />

wir heim.<br />

Am Ostersonntag, den 9. April 1944, waren wir morgens wieder am „St.<br />

Jean“, mit dem gleichen Erfolg. Als wir dann zum Café in der Rue P. L.<br />

Landes gingen, trafen wir den Gesuchten vor der Stadtkommandantur. Es<br />

wurde eine herzliche Begrüßung zwischen uns beiden, und zu dritt gingen<br />

wir in Albert´s Café. Der wusste auch, dass ich im Gefängnis gewesen war<br />

und war erfreut, mich wieder zu sehen. Als Grund für mein Missgeschick<br />

erzählte ich immer, wie ich es auch in Biarritz getan hatte, dass ich unerlaubterweise<br />

in die Küstenzone einreisen wollte und dabei festgenommen<br />

worden war. Später gingen wir spazieren und Willy hörte sich erst meine<br />

Geschichte an. Danach eröffnete er mir drei Möglichkeiten: erstens zurückgehen<br />

nach Biarritz, zweitens untertauchen in Frankreich, und drittens nach<br />

Spanien gehen. Für Biarritz konnte ich mich nicht entschließen. So kamen<br />

nur die anderen Möglichkeiten in Frage.<br />

Ich beschloss, auf jeden Fall mit nach Toulouse zu fahren und dort einen<br />

endgültigen Entschluss zu fassen. Ich konnte mich noch nicht so recht für<br />

ein neues Abenteuer begeistern. Im Laufe unserer Unterhaltung erfuhr ich<br />

auch, warum ich im Gefängnis nie etwas von ihnen gehört hatte. Ein illegaler<br />

Brief, der erste vom 29. Februar 1944, war angekommen, die offiziellen<br />

Karten dagegen nicht. Man hatte sich erkundigt, wie und was man schicken<br />

konnte, aber da war viel Zeit mit verloren gegangen und erst letztens hatte<br />

Lolly Eckhart aus Paris ein Paket an mich versandt.<br />

Am gleichen Abend fuhr Willy noch nach Labouheyre, um dort die<br />

nächsten Kandidaten für Spanien zu verständigen. Während ich mir schon<br />

in Gedanken die Fahrt nach Toulouse ausmalte, wurde mir schlecht bei dem<br />

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