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Hans Chanan Flörsheim - Hassia Judaica

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Mit Ungeduld warteten wir auf etwas Handgreiflicheres. Und das ließ<br />

nicht allzu lange auf sich warten. Holland hatte inzwischen vorsichtshalber<br />

mobilgemacht, wiegte sich aber doch in der Illusion, dass es bei der bevorstehenden<br />

Auseinandersetzung, wie im Ersten Weltkrieg, neutral beiseite<br />

gelassen würde.<br />

Im April 1940 schlug Hitler erneut zu und besetzte Dänemark und Norwegen.<br />

Und dann kamen am 10. Mai 1940 Holland und Belgien an die<br />

Reihe. Am frühen Morgen dieses schicksalsschweren Tages wurden wir alle<br />

wach durch den ungewöhnlichen Lärm von tieffliegenden Flugzeugen und<br />

hin und wieder auch von Explosionen. Die Leute standen aufgeregt an den<br />

Fenstern und auf den Balkons und spähten verängstigt in die Luft. Alle<br />

wussten bereits, um was es sich handelte, und das Radio hielt uns laut tönend<br />

auf dem Laufenden.<br />

Deutsche Truppen waren in Holland einmarschiert! Alle waren bestürzt,<br />

da man den deutschen Erklärungen über Hollands Neutralität doch teilweise<br />

Glauben geschenkt hatte. Noch am gleichen Tage kam der Erlass, dass alle<br />

deutschen Staatsangehörigen sich in ihren Wohnungen aufzuhalten hatten.<br />

Das galt auch für uns, und so blieb uns nichts anderes übrig, als am Radio<br />

zu sitzen oder mit der Zeitung den weiteren Verlauf der Dinge zu verfolgen.<br />

Jedermann wusste, dass die holländische Armee gegenüber der deutschen<br />

keine Chancen hatte, aber man hoffte den Feind doch eine Zeitlang aufzuhalten,<br />

indem man beträchtliche Teile des Landes unter Wasser setzte.<br />

Außerdem rechnete man auf die Hilfe Englands. Aber die deutschen Fallschirmtruppen<br />

überwanden die Überschwemmung mit Leichtigkeit.<br />

In diesen ersten drei Tagen waren wir zum Nichtstun gezwungen, am<br />

vierten Tag, als sich das unvermeidliche Ende schon näherte, wagte man<br />

sich schon auf die Straße. Gerüchte machten die Runde, dass es eine Möglichkeit<br />

gäbe, vom Hafen in der Stadt Ijmuiden per Schiff nach England zu<br />

entkommen. Meinen Verwandten kam das ebenfalls zu Ohren, und ich<br />

wurde damit beauftragt, ein Taxi ausfindig zu machen, mit dem wir nach<br />

Ijmuiden zu fahren gedachten. Mir erschien dieser Plan dermaßen absurd,<br />

dass ich mich nicht besonders anstrengte, ein Taxi zu finden, was sowieso<br />

schwierig war, und unverrichteter Sache nach Hause zurückkehrte. Später<br />

stellte sich heraus, wie Recht ich hatte, denn Tausende hatten diesen Weg<br />

eingeschlagen und verstopften daher alle Zufahrtsstraßen. Wem es trotzdem<br />

gelang ans Ziel zu kommen, der war gar nicht sicher, auf eines der vor An-<br />

ähnliches Verteidigungssystem, der sog. Westwall, auch Siegfried-Linie genannt. (B.MC./<br />

H.N.)<br />

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