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Hans Chanan Flörsheim - Hassia Judaica

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Dies alles änderte sich mit einem Schlag. Plötzlich erhielten einige Tausend<br />

Juden in Amsterdam einen Befehl zugeschickt, sich am 15. Juli 1942<br />

am Hauptbahnhof von Amsterdam einzufinden zwecks Transport zum Arbeitseinsatz<br />

im Osten. Man durfte eine beschränkte Menge Gepäck mitnehmen,<br />

und auf dem Nichtbefolgen des Befehls stand eine hohe Strafe.<br />

Anfangs wusste man nicht, was das zu bedeuten hatte. Arbeit? Vor allem,<br />

wer jung war, dachte, wir werden das schaffen und ihnen zeigen, dass<br />

Juden auch schwere Arbeit leisten können. Und so folgten viele dem Aufruf.<br />

Aber die meisten trauten der Sache nicht und kamen dem Befehl nicht<br />

nach. Das hatte wiederum zur Folge, dass die fehlende Anzahl durch eine<br />

große Razzia in den Abendstunden ergänzt wurde, in denen alle Juden sich<br />

in ihrem Hause zu befinden hatten. Die Fahrt ging dann in das inzwischen<br />

als Sammellager umbenannte Flüchtlingslager Westerbork und von dort<br />

weiter nach Osten.<br />

Es blieb aber nicht bei einem einmaligen Aufruf zum Arbeitseinsatz.<br />

Nach dem ersten kamen viele andere, hauptsächlich in Amsterdam, wo der<br />

größte Teil der Juden lebte. Das alles führte zu einer Panikstimmung und<br />

jeder versuchte, sich vor der Verschickung zu drücken. Dies war oft möglich,<br />

wenn man einen gewissen Stempel in der Identitätskarte bekam, der<br />

erwirkte, dass man „bis auf weiteres vom Arbeitseinsatz freigestellt“ war.<br />

Diesen Stempel bekamen vor allem Personen, die bei den verschiedenen<br />

jüdischen Behörden als Angestellte arbeiteten. Infolgedessen schwoll der<br />

Beamtenapparat im Joodsen Raad - dem Judenrat - mächtig an. Es gab auch<br />

andere, die außer über großen Mut auch über die entsprechenden Beziehungen<br />

und Mittel verfügten und einfach von der Bildfläche verschwanden und<br />

„untertauchten“, wie das genannt wurde. Aber das war die Minderheit. Die<br />

meisten saßen von jetzt ab vor allem in den Abendstunden in Angst und<br />

Bange mit gepacktem Rucksack in der Wohnung, und niemand wusste,<br />

wann für ihn die Stunde schlagen würde, um den Weg in das Lager Westerbork<br />

anzutreten, einem Schicksal entgegen, dessen Ungeheuerlichkeit damals<br />

niemand zu ahnen wagte ...<br />

Februar 1943 in Gouda: „Ich will nicht mit!“<br />

Es herrschte Ruhe vor dem Sturm, wie so oft schon. Diejenigen von uns, die<br />

noch übrig geblieben, d. h. von der Goudaer Polizei noch nicht abgeholt<br />

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