Hans Chanan Flörsheim - Hassia Judaica
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Viel hatten wir nicht bei uns. Ich hatte nur eine Aktentasche, mit der ich<br />
aus Holland gekommen war, mehr nicht. Die anderen das gleiche oder einen<br />
Brotbeutel, denn man durfte sich für die Pyrenäen nicht schwer beladen.<br />
Außerdem hatten wir Pauls Sachen bei uns. Der Arme, der in Paris<br />
war, wusste nicht einmal, dass er mitging, da Rolf vor ihm an der Reihe<br />
war, aber zu seinen Gunsten verzichtet hatte.<br />
In Rouen stiegen wir um und aßen erst einmal tüchtig im Wartesaal.<br />
Dann dampften wir mit dem Le-Havre-Express nach Paris. Es war schon<br />
fast 9 Uhr, als wir auf dem Bahnhof St. Lazaire ankamen. Paul stand mit<br />
zwei holländischen Freunden an der Sperre.<br />
Im Laufschritt rannten wir in die Metro und fuhren zum Austerlitz-<br />
Bahnhof. Unterwegs erzählten wir Paul, dass er mitginge. Um die Reise<br />
Paris - Bordeaux im Sitzen machen zu können, war es geboten, etwa eine<br />
¾-Stunde vor Abfahrt des Zuges anwesend zu sein. Und so fegte dann kurz<br />
vor 22 Uhr eine Gruppe von vier Jungen durch die Sperre, statt Fahrkarten<br />
ein gestempeltes Papier in der Hand schwenkend. Wir hatten Glück, zwar<br />
fanden wir keinen idealen Waggon, aber doch Sitzplätze, auch wenn sie<br />
zwischen deutschen Soldaten waren.<br />
Ich feuerte meine Aktentasche ins Gepäcknetz und rannte wieder hinaus,<br />
um noch etwas zu trinken, da ich durch die Metrofahrt ganz ausgetrocknet<br />
war. Es herrschte viel Betrieb auf dem Bahnsteig. Gleich würden<br />
wir abfahren. Ich umfing das Ganze mit einem letzten Blick, um die Erinnerung<br />
an Paris nicht zu verlieren, und dann hieß es: En voiture! Unmerkbar<br />
fuhr der Zug an und rollte hinaus in die kalte Herbstnacht. Wir schrieben<br />
den 8. November 1943.<br />
Ich weiß nicht, ob es meine Fantasie war oder die vielen Geschichten<br />
über Bordeaux. Auf jeden Fall hatte ich mir immer eine südliche Großstadt<br />
vorgestellt, ein weißes Häusermeer mit vielen Palmen und blauem Himmel.<br />
Aber welch eine Enttäuschung! Erstens waren wir richtig durchgefroren<br />
in dem ungeheizten Waggon. Zweitens hatte der Zug noch zwei Stunden<br />
Verspätung und drittens regnete es, als wir den Bahnhof verließen. Also ein<br />
denkbar schlechter erster Eindruck von einer Großstadt! Kurt holte uns 4<br />
am Bahnsteig ab, und wir gingen zuerst einmal in ein Café und stärkten uns<br />
mit schwarzer, heißer Flüssigkeit, sogenanntem „Kaffee“. Das tat wohl!<br />
Kurt wurde natürlich mit Fragen über das Wann und Wohin bestürmt, aber<br />
er verschob alle Antworten auf später, wenn wir ungehindert die Sache<br />
besprechen könnten. In dem uns von Erzählungen bekannten Absteigequar-<br />
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