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Hans Chanan Flörsheim - Hassia Judaica

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nicht wenig, als ich sah, wie eine deutsche Patrouille zu Rad um die Ecke<br />

bog und in die Felder hineinfuhr.<br />

Erst glaubte ich, dass sie kamen, um den Bus zu kontrollieren, und dann<br />

hätte es schlecht für uns ausgesehen. Wir ratterten über die Landstraße los,<br />

an vereinzelten Gehöften vorbei, die da im hellen Sonnenschein lagen, während<br />

die Bevölkerung vor den Heimen ihre Mittagsruhe hielt. Wir beide<br />

verlangten vom Schaffner, laut Menachems Anweisung, ein Billet nach<br />

Hoogstraeten und bezahlten zum ersten Male mit belgischem Geld. In dem<br />

Städtchen Hoogstraeten stiegen wir aus und warteten dort auf die Überlandstraßenbahn.<br />

In der Zwischenzeit erledigte Menachem einige Angelegenheiten, und<br />

wir drückten uns, so gut es ging, getrennt voneinander auf der Straße herum<br />

und betrachteten die Schaufenster. Gegen 14.30 Uhr kam die Bahn, und wir<br />

nahmen ein Billet nach Antwerpen.<br />

Ich fühlte mich jetzt völlig außer jeder Gefahr und war fast in vollkommener<br />

Ferienstimmung. Ich saß draußen auf der Plattform und betrachtete<br />

die flämische Landschaft, die allerhand Erinnerungen an meine Ferienfahrt<br />

von 1939 durch Belgien wachrief. Knarrend fuhren wir auf der staubigen<br />

Landstraße. In Oost-Malle mussten wir umsteigen in die Straßenbahn 70<br />

nach Antwerpen.<br />

Wir saßen jetzt alle drei zusammen, und zum ersten Male fühlte ich auf<br />

dem bequemen Polstersitz eine tiefe Müdigkeit. Bald fuhren wir auf derselben<br />

Straße, über die ich im Sommer 1939 mit dem Rad gefahren war. An<br />

vornehmen Villen und ausgedehnten Gütern entlang ging es weiter, und<br />

ganz in der Ferne zeigten sich schon die Konturen unseres Ziels: Antwerpen.<br />

Bald fuhren wir schon durch die Vororte, ab und zu über notdürftig hergerichtete<br />

Brücken und durch belebte Geschäftsstraßen. Es war gerade<br />

etwas nach 17 Uhr, als wir die erste Etappe unserer Reise beendeten. Wir<br />

standen auf dem Victorieplaats und wurden uns kaum bewusst, dass wir<br />

wirklich Belgien und Antwerpen erreicht hatten, unser heutiges Ziel.<br />

Menachem ließ uns nicht allzu viel Zeit zum Denken, denn wir machten<br />

uns bald auf den Weg zu einer Adresse, die sich schon vor uns bei allen<br />

Frankreichfahrern einen gewissen Ruhm erworben hatte. Es war eine typische<br />

Antwerpener Kneipe, mit einem Zimmer, wo man unangemeldet<br />

schlafen konnte, und einem Dachboden dazu. Dort legten wir unsere Sachen<br />

nieder und ruhten uns etwas aus.<br />

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