Autor: Tilmann P - Schorsch Kamerun
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denn verwerflich daran? Wir begnügen uns mit Sozialkritik und Abschilderung des<br />
banalen Alltagsmilleus; ich frage: ist das wirklich so überflüssig in unserer Zeit?<br />
Mir liegt hier nicht an wohlfeiler Polemik, mir liegt an der Bitte um Verständnis für die<br />
Arbeitsbedingungen von Kunstproduzenten in Massenmedien. Uns und vor allem:<br />
unseren Hörern – ist wenig geholfen mit einer Kritik, die sich lediglich an der abstrakten<br />
Instanz “literarischer Fortschritt” orientiert, der also Gesichtspunkte wie “Programmauftrag”<br />
oder “Rezeptionsverhalten des Publikums” eher lästig sind. Auch eine<br />
verantwortungsbewußte Medienkritik kann an folgender Tatsache nicht vorbei: Der vom<br />
<strong>Autor</strong> geschriebene, von Darstellern gesprochene, vom Regisseur inszenierte, vom<br />
technischen Team auf Tonband aufgezeichnete Text ist immer nur die eine Hälfte eines<br />
Werkes: die andere Hälfte bildet das Mitfühlen-Miterleben-Mitdenken-Mitphantasieren im<br />
Bewußtsein der Hörer. <strong>Autor</strong>en und Dramaturgen, Darsteller und Regisseure müssen<br />
hinarbeiten auf den einen Zeitpunkt, zu dem das Hörspiel gesendet wird und sich in den<br />
Köpfen der Hörer neu ereignet. Nur was die Hörer verstehend aufnehmen, ihre<br />
Betroffenheit, ihr konkretisierender Nachvollzug der gesendeten Signale ist für ein<br />
Qualitätsurteil über das Hörspiel relevant; eine vom Hörereignis losgelöste, quasi ideelle<br />
Qualität des Hörspiels ist ein Hirngespinst. Ein Hörwerk also, das in wohlgemeinter<br />
Brillanz, in didaktischer Überfrachtung oder aus welchem anderen Mangel immer am Ohr<br />
der Hörer vorbeirauscht, ist praktisch inexistent. Es verschwindet – im ganz<br />
buchstäblichen Sinn: ungehört – in den Archiven.<br />
Drehen wir diesen Gedanken noch eine Windung weiter. Die Jury, die mein Hörspiel für<br />
den diesjährigen Preis der Kriegsblinden ausgewählt hat, bescheinigt mir in der<br />
Begründung, ich hätte (Zitat) “Tendenzen unserer Realität mit äußerster Konsequenz<br />
diagnostiziert”. Bei aller Genugtuung über diese Feststellung – sie macht mich auch<br />
betroffen. Wenn man sich als <strong>Autor</strong> seine Ängste vom Leibe schreibt, hat man zugleich<br />
die Hoffnung, daß alles so schlimm nicht ist, daß man um der Deutlichkeit willen übertreibt<br />
– oder noch irrationaler: daß man durch möglichst exakte Beschreibung von Bedrohung<br />
eben diese Bedrohung aus der Realität abzuziehen vermag. Dem ist also nicht so. Die in<br />
meinem Hörspiel agierenden Menschen, die sich völlig austauschbar vorkommen; die ihre<br />
Erinnerungen nicht mehr in lebendig durchlebter Zeit sammeln, sondern kaufen; die ihren<br />
Partner nicht mehr lieben, sondern per Anstellungsvertrag an sich binden; die aus<br />
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