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Autor: Tilmann P - Schorsch Kamerun

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selbstbesinnung voraus. kunst als vehikel der selbstfindung, als mittel kreativer<br />

existenzbewältigung, wenn man so will: der meditative aspekt von kunst erfüllt gerade in<br />

unserer hektisch überdrehten, lärmgequälten industriegesellschaft eine vitale<br />

überlebensfunktion. meditative tendenzen in der kunst der gegenwart, wie sie etwa meine<br />

hier vorgetragenen musikstücke (”winterrose” für klavier, “fötus” für sechs vokalisten)<br />

repräsentieren, sind eben darum so wichtig, weil sie ganz und gar gegen den<br />

betäubenden zeitstrom stehen, besser gesagt: weil sie ruhen. die meisten menschen<br />

heute können ruhe, die stille ist, nicht mehr ertragen. auch die musikalische<br />

umweltverschmutzung, wie wir sie allerorten, in jedem laden schon erdulden müssen, ist<br />

ein höchst beruhigendes problem. dauerberieselung als droge – die verzweifelste art, das<br />

lärmproblem zu bewältigen. erfolg: totale abstumpfung. wir brauchen zum geistig-<br />

psychischen überleben die kunst der stille, der selbstbesinnung, der differenzierung.<br />

das ist ein aspekt heutiger kunst. andererseits kann der künstler von den überwältigend<br />

katastrophalen problemen dieser zeit nicht unberührt bleiben. wenn ich immer häufiger<br />

auch sehr unerfreuliche und brisante themen aufgreife, dann nicht um (wie ein kritiker<br />

unterstellte) das angeblich unter ermüdungserscheinungen leidende “neue hörspiel” durch<br />

aktuelle themen aufzufrischen, sondern weil uns diese probleme inzwischen hautnah<br />

betreffen, unsere nackte existenz bedrohen, mich so unmittelbar berühren, daß ich ihnen<br />

auch in meiner künstlerischen arbeit ausdruck geben muß. rüstungsirrsinn, wachsende<br />

kriminalität, die tägliche brutalität der straße, die städteerstickende autoschwemme,<br />

“wissenschaftliche” tierfolter, die umweltvernichtung gigantischen ausmaßes. ein wunder,<br />

daß wir alle nicht schon längst psychisch und physisch zerstört sind, daß es den<br />

menschen selbst erst jetzt erreicht. kreislaufzusammenbruch, herzversagen, erkrankung<br />

der atemwege, pseudokrupp, hautkrankheiten, allergien, alarmierendes ansteigen der<br />

säuglingssterblichkeit. verseuchung des trinkwassers, vergiftete speisen – ob fisch,<br />

fleisch, gemüse oder obst.<br />

”wald, ein deutsches requiem” wurde im dezember 1983 urgesendet – binnen weniger<br />

monate sind die darin genannten schadenszahlen erschreckend überholt, in den<br />

einuhrnachrichten vom 30. märz dieses jahres hörten wir:<br />

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