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Autor: Tilmann P - Schorsch Kamerun

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bestimmten Weise ist dies vielleicht viel schwerer als das Durchmachen eines Krieges,<br />

noch genauer, wir nähern uns dem Punkt – oder wir haben ihn schon erreicht –,bei<br />

welchem wir keinen Krieg mehr – weil der Krieg das Ende bedeuten würde –,sondern nur<br />

noch den Frieden durchmachen können.<br />

Was ist nun Friede? Vom Kriege aus gesehen – wie man dies heute leider noch oft tut –<br />

etwas Positives, nur Positives, wie das Land für den Schiffer in Seenot. Friede bedeutet<br />

dann vor allem Kind in der Wiege, wogende Kornfelder, je nach Politik Glockengeläute<br />

von Kirchen oder Gesang im Kolchos. Sieht man jedoch den Frieden nicht vom Kriege<br />

her, sondern vom Frieden selber aus, verliert er das positive Vorzeichen, er bekommt aber<br />

auch kein negatives. Der Friede ist etwas Inkommensurables. Allein vom Verstande her<br />

wäre er leicht zu bewältigen, seine Axiome sind leicht zu finden. Daß er aber nicht leicht<br />

zu verwirklichen ist, brauche ich in Berlin nicht noch zu erzählen. Die ungeheuren<br />

Aufgaben, vor denen die Welt steht, die allen sichtbar sind, werden ständig durchkreuzt<br />

von Machtfragen, Dogmen, Nationalismen, das politische Denken geht meistens nach.<br />

Doch von jedem einzelnen aus gesehen, vom Einzelmenschen aus, nimmt der Friede ein<br />

noch anderes Gesicht an, sein wahrstes: Er wird zum Alltag, zur Sorge um das tägliche<br />

Brot, er wird zur Bühne, auf der sich das menschliche Leben normalerweise abzuspielen<br />

hat, als Komödie, als Tragödie, meistens aber als ein recht mäßiges und spannungsloses<br />

Drama, bei dem es kein Davonlaufen gibt.<br />

Die Schweiz nun ist, dort wo sie stimmt, Alltag geworden, und diese ihre Alltäglichkeit<br />

nehme ich wichtiger, ernster als ihre Mythen: Wir sind schon längst kein Volk der Hirten<br />

mehr, ebensowenig wie Sie ein Volk der Dichter und Denker. Wenn ich nun anfangs<br />

sagte, ich sei stolz auf meine Auszeichnung, so kann ich nun diesen meinen Stolz auch<br />

näher begründen. Ich bin stolz darüber, daß man etwas von meinem Anliegen begriffen<br />

hatte, daß ich gute Hörer fand.<br />

Je mehr ich mich in meinem Berufe, oder besser, mit meinem Berufe beschäftige, desto<br />

klarer ist es mir geworden, daß ich meine Stoffe im Alltag, jenseits der Fiktionen, in der<br />

Gegenwart zu suchen habe. Wir müssen den Mut haben, zu unserer Zeit zu stehen. Nur<br />

getrost, auch sie hat ihre Helden und Raubritter und in der Wirtschaft geht es nicht<br />

gnädiger zu als in der Schlacht im Teutoburger Walde. Nicht Herzöge und Feldherren,<br />

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