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Autor: Tilmann P - Schorsch Kamerun

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sondern 1987. Was ja gar nicht so lange her ist. “Im Hörspiel drückt sich”, so Harig weiter<br />

“das Verhältnisspiel der Welt eigentümlicher und nachhaltiger aus als in ablenkender<br />

Szenerie, in Schaubuden” – womit er offenbar Theater, Fernsehen, Kino, Kirmes und<br />

überhaupt alles meinte, wo’s was zu sehen gibt. Sehen lenkt ja nur ab. So wie das Hören<br />

vielen Hörspielern als nobler Tiefsinn gilt, so gilt ihnen Sehen als vulgärer<br />

Oberflächennervreiz.<br />

”Massenhypnotisch ist die Leere buntflimmernder Fernsehbilder”, befand 1990 Jens<br />

Sparschuh. “Das Fernsehen übertölpelt die Sinne statt sie zu schärfen, wohingegen das<br />

Hörspiel die hohe Kunst des Seelenvermögens ist.” Da haben wir’s wieder: Seelentiefe<br />

gegen Bildoberfläche. Und wir haben es noch deutlicher. 1993 Werner Fritsch: “Die<br />

gesprochene Sprache verliert durch den Terror der Television ihre Kontur und Poesie.<br />

Das lebendige Denken wird in Film und Fernsehen zerstört.” Zitatende. Und Ende des<br />

Abendlands.<br />

Direktkurs ins Schwarze Loch des Kultur-Kosmos<br />

Wir befinden uns auf Direktkurs ins Schwarze Loch unseres Kultur-Kosmos, wo enorme<br />

Gravitationskräfte alles zusammenstürzen lassen – begleitet von entsprechend<br />

gravitätischen Kommentaren und einem schwertönenden Soundeffekt. Ächz. Ächz ist der<br />

lauteste Laut, den das Hörspiel von sich gibt. Ächz – angesichts der ungeheuren<br />

Anstrengung, gegen die Schwerkräfte kulturellen Rapidverfalls doch etwas zu retten. Und<br />

zwar den Kopf.<br />

Der Kopf soll dem schwarzen Loch entrissen werden, indem man an seiner greifbarsten<br />

Stelle zieht – den Ohren. Die nämlich, so die verbreitete Hörspieler-These, die kriege man<br />

knapp noch zu packen – wenn das Gesichtsfeld schon im Sogstrudel antikultureller Kräfte<br />

untergegangen ist.<br />

”Gerade heute, da uns eine ständig wachsende Flut visueller Reize überschwemmt, ist<br />

das Hörspiel Gegenentwurf zu allen visuell wahrnehmbaren Kunstformen” – dies ist Zitat<br />

aus der Rede von Ilona Jeismann, 1998. Womit wir praktisch in der Gegenwart sind. Und<br />

bei einer der hartnäckigsten Meinungen über das Hörspiel: “Das Hörspiel wendet sich an<br />

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