Autor: Tilmann P - Schorsch Kamerun
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ob ich ihm 500.- DM pumpen könne, fragte B. ich lieh ihm 50.-, damit ich ihm ausführlich<br />
meinen verdacht über die hyperproduktion des überflüssigen darlegen konnte. schon nach<br />
anderthalb minuten gab er mir vollständig recht. schau, sagte er, mein verstand ist stark in<br />
mitleidenschaft gezogen, ich versuchte vorhin, eine seite luhmann zu lesen, aus Die Kunst<br />
der Gesellschaft und stiess auf den satz: Paradoxien sind nichts anderes als<br />
Darstellungen der Welt in der Form der Selbstblockierung des Beobachters, s. 191 der<br />
broschierten ausgabe. so ist es, und ich brauche schon längst keine paradoxien mehr, um<br />
mich zu blockieren.<br />
ach ja, was ich eigentlich sagen wollte, ist dieser eminente gedanke, den ich dem grappa<br />
verdanke – nicht nur das überflüssige bedränge den freien geist, sondern vor allem der<br />
überflüssige schund, die produktion von mist, von dem, was man euphemistisch trash<br />
nenne, aber das seien gänzlich unfruchtbare gedanken.<br />
was, fragte ich, in diesen zeiten fruchtbar wäre so in gedanke oder tat, man müsse, sagte<br />
mein maroder freund B. – und an dieser stelle erinnerte er mich an eine ganz bestimmte<br />
barlachplastik, weiss aber nicht mehr, an welche, in jedem fall ein tragischer anblick –,<br />
eben eigenhändig, unter schmerzen, wahrscheinlich schlaflos und ohne grappa schund<br />
herstellen, ohne scham, aber auch ohne stolz. wie bist du eigentlich, fragte ich, in diesen<br />
psychischphysisch-intellektuell bedenklichen zustand geraten?<br />
da sagte B., es habe an der informationsexplosion gelegen. was denn explodiert sei,<br />
fragte ich. pass auf, sagte B., chargaff hatte völlig recht mit seiner sentenz: Informationen<br />
sind des Wissens Tod.<br />
ich ziehe mir schon seit jahren informationen ein, wie ein süchtiger seinen stoff, ich sehe<br />
wie ein bekloppter TV stundenlang, bis die birne dröhnt, dann hocke ich vor meiner<br />
maschine und surfe auf der sog. datenautobahn, ein crash nach dem anderen, während<br />
die augäpfel herausquellen und sich rot färben; danach muss ich mich wieder mit dem<br />
anderen medium tonisieren, in den meisten fällen softpornos bei RTL, während aus den<br />
tausend disparaten elementen, die ich wie ein schwamm aufsauge, nichts als schrott<br />
zurückbleibt, eine wahre walstatt des geistes.<br />
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