Autor: Tilmann P - Schorsch Kamerun
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Und ich bleibe dabei: kein Theater, kein Fernsehen. Ich versuche nichts anderes, als<br />
Radio-Sendungen herzustellen; Radio-Sendungen, wie ich sie mir vorstelle: Nächtliche<br />
Ereignisse, Radio-Collagen oder Radio-Balladen. Ich nehme meine Art zu schreiben,<br />
meine Art, mit Worten umzugehen, und verklopple sie mit meinen Vorstellungen vom<br />
Radio. Mehr nicht. Und in dieser Lage können mich Trends, Moden, neueste oder<br />
allerneueste Tendenzen überhaupt nicht beeindrucken. – Wenn also als allerneueste, als<br />
allerwichtigste Aufgabe im Moment das Dialogstück gefordert wird, dann kann ich,<br />
angesichts der unablässig aus sämtlichen Kanälen quellenden Dialogmasse, solche<br />
Bemerkungen allenfalls für nette kleine zeilenfüllende Albernheiten halten. – Nicht daß ich<br />
den Kritikern das Wünschen verbieten möchte. Sie dürfen sich alles wünschen. Nur werde<br />
ich mich nicht nach ihren Wünschen richten. Ihre Wünsche sind so heterogen, daß der<br />
<strong>Autor</strong>, der zwischen sie gerät, unweigerlich zerdrückt würde.<br />
Wer weiß schon so genau, was gerade das Allerneuste ist. – Das Neue Hörspiel war vor<br />
20 Jahren etwas, das sich zunächst einmal gegen die Wünsche und Forderungen eines<br />
sich verengenden Geschmacks zur Wehr gesetzt und gegen ihn verstoßen hat. Das<br />
Neue, das wirklich rein und ungemischt vorkommende Neue gibt es nicht mehr. Das<br />
wissen wir. Aber es ist noch eine Menge zu entdecken: und zwar zwischen dem, was<br />
schon entdeckt worden ist.<br />
Das gilt auch für meine Arbeiten. Es ist der Eindruck entstanden. “Beiderbecke” sei ein für<br />
meine Arbeitsweise ganz untypisches Stück. Ich glaube das nicht. Das Stück hat sich auf<br />
ganz natürliche Weise so entwickelt, wie es jetzt ist. Ich hatte das Thema seit langem im<br />
Kopf. Und was man nun hören kann, ist mein Beitrag zu Beiderbecke, den ich liebe; ich<br />
liebe seine Musik. So schreiben zu können, wie er spielt, das ist ein vorstellbares Glück.<br />
In seiner Rede zum Hörspielpreis der Kriegsblinden sagt Günter Eich 1953: “Ich bin froh,<br />
daß es für das Hörspiel noch keine Hamburgische Dramaturgie gibt, ich fühle mich in<br />
diesem archaischen Zustand, der Experimente weder fordert noch verbietet, recht wohl.” –<br />
Diese Feststellung, meine ich, gilt heute, 35 Jahre danach, noch immer. Ich fühle mich<br />
auch noch recht wohl. Ob dieses Gefühl vorhält, wird nicht allein von mir abhängen.<br />
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