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Autor: Tilmann P - Schorsch Kamerun

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Was für Bilder projizieren wir eigentlich?<br />

http://www.mediaculture-online.de<br />

Was für Bilder sind das aber nun, die wir da in Kreativakten projizieren? Na, ist doch klar:<br />

Wenn’s donnert sehen wir Gewitter, wenn’s knarrt sehen wir Türen, wenn’s hallt sehen wir<br />

Hallen. Und wenn die Hallen mit großflächigen Geräusch-Tapisserien dekoriert und mit<br />

aufwendig gewebten Musikteppichen ausgelegt sind, dann sehen wir auch schon mal<br />

ganze Epochen. Das Mittelalter im Hörspiel zum Beispiel ist ja wohl auf jeden Fall<br />

mindestens monumental “Cinemascope im Kopf” – wenigstens in den Köpfen derer, die<br />

es produzieren. Aus nachvollziehbarem Drang, mediale Minderwertigkeitsgefühle zu<br />

kompensieren.<br />

Das Hörspiel will ja auch mal groß und total sein. Kann es auch, soll es auch, will ich<br />

auch. Aber: ist es deshalb Kino? Bleiben wir mal beim illusionistischen Text- und<br />

Geräuschtheater. Es ist, wir wissen es, nicht gerade die Speerspitze gegenwärtiger<br />

Hörspielkunst, aber gerade drum der heißeste Kino-im-Kopf-Kandidat.<br />

Nehmen wir mal ein kleines Beispiel, kommt auch in avancierten Stücken vor – ein<br />

Telefonklingeln. (Es tut mir leid, daß ich sie jetzt ein bißchen penetriere, aber ich<br />

verspreche Ihnen: wir kommen gleich zur erleichternden Lösung.) Also: Telefonklingeln.<br />

Gemäß der Kino-im-Kopf-Theorie müßte unsere Phantasie sofort das Bild eines Telefons<br />

erzeugen – und zwar bei jedem ein anderes. Der eine sieht vielleicht das Telekom-Modell<br />

Europa 30i, der andere das Sinus 44. Der eine sieht’s in Brombeerblau, der andere in<br />

Businessschwarz – und er sieht es natürlich nicht wie im Telekom-Prospekt – freigestellt<br />

auf weißem Grund. Das Telefon steht irgendwo – auf einem Tisch in einem Raum. Und<br />

der braucht eine Einrichtung.<br />

Bilder, Begriffe, Zeichen – oder was?<br />

All das müßte unser Kino im Kopf leisten. Oder ist das jetzt ein bißchen übertrieben? Weil<br />

“Kino im Kopf” gar keine so konkreten Bilder meint, sondern Bilder allgemeiner Art,<br />

universal, abstrahierte Vorstellungsbilder? Gut. Aber was sind denn universal allgemein<br />

abstrahierte Vorstellungen? Es sind überhaupt keine Bilder, es sind Begriffe. Und Begriffe<br />

werden uns vermittelt durch Zeichen. Ein Telefonklingeln im Hörspiel ist ein Zeichen für<br />

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