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Autor: Tilmann P - Schorsch Kamerun

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Unsere Rundfunkprogramme, um nur davon zu reden, scheinen sich, mit der eigenartigen<br />

Begründung, man müsse sie “demokratisieren”, in einem Banalisierungsprozeß zu<br />

befinden, in dem alles, was seine unmittelbare Massenwirkung nicht statistisch nachweist,<br />

unterzugehen droht. Die aus dem Alltag gegriffene Harmlosigkeit, der Kalauer, die<br />

musikalisch aufgepopte Magazinsendung breiten sich unaufhaltsam aus. Durch eine<br />

Zerstückelung dessen, was zusammenhängt, werden Hörgewohnheiten gefördert, die uns<br />

am Ende ein Millionenheer von reizüberschwemmten, flatterhaften,<br />

ablenkungsbedürftigen und verdummten Zuhörern bescheren wird. Damit ist natürlich<br />

auch das Hörspiel in seiner Existenz bedroht, das einen konzentrierten und ernsthaften<br />

Hörer nötig hat. Auch für den <strong>Autor</strong> ist so eine Entwicklung natürlich katastrophal. Er wird<br />

gezwungen, sich den Trivialisierungs- und Verdummungstendenzen anzupassen, weil er<br />

für sein Überleben ja nun einmal aufs Radio angewiesen ist. Das heißt, daß man mit<br />

unserer Hörspielsendezeit auch seine Romane und Gedichte zusammenstreichen würde,<br />

denn das Hörspiel und die Literatur hängen nun einmal eng zusammen.<br />

Zurück zum Hörspiel, wie es im Augenblick bei uns noch möglich ist, und das eben nicht<br />

immer simpel, aber auch nicht immer aufwendig sein muß. Es gibt, glaube ich, eine<br />

Äußerung von Goethe, mit dem er die, wie ihm wohl schien, unmäßigen Ansprüche, die<br />

Kleist an das Theater, “hinter und vor dem Vorhang”, stellte, zurückweist. Goethe ist da<br />

bescheidener gewesen. Gebt mir, sagt er ungefähr, ein paar Bretter und einen Vorhang,<br />

und ich will für Euch, hic Rhodos, hic salta, aus jedem Marktplatz ein Theater machen.<br />

Erlauben Sie mir, dieses Wort aus dem Olymp hier zu paraphrasieren. Gebt mir, würde<br />

ich sagen, ein paar gute Sprecher und ein kleines Mikrophon und vielleicht einen<br />

Regisseur, der mit seiner Bleistiftspitze dann und wann über einen Blecheimer kratzt, und<br />

ich will Euch ein Hörspiel machen. Mit anderen Worten: Ich bin im Herzen des modernen<br />

Hörspiels, also in den weitläufigen und aseptischen Hör-Laboratorien, unter den peinlich<br />

in Weiß gekleideten, gewissermaßen mit Gummihandschuhen versehenen Damen und<br />

Herren, die hier über ihren streng spezialisierten Apparaturen hocken, eigentlich nicht zu<br />

Hause. Wörter wie “Rauschgenerator” oder “Tiefpaßfilter” oder “künstlicher Kehlkopf”, statt<br />

mich in Ekstase zu führen, schüchtern mich eher ein, obwohl sie natürlich auch in den<br />

Umkreis des Hörspiels gehören, doch für mich eben nur an den Rand. Vielleicht erinnern<br />

mich diese Großküchen unseres Bewußtseins, wie sie in den letzten Jahrzehnten bei uns<br />

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