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Autor: Tilmann P - Schorsch Kamerun

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Eine neue Unmittelbarkeit zeichnet sich ab: die Wiedergeburt des Urmenschen aus der<br />

modernen Technik. – Ich stelle mir das, flüchtig skizziert, so vor: Der alte Urmensch –<br />

unmittelbar und unreflektiert seinem Dasein ausgeliefert. Eine unbequeme Lage. Also<br />

schuf er sich Werkzeuge, die nebenbei auch ihn schufen, und die ihn Schritt für Schritt<br />

aus den Zwängen einer Zeit- und Raumgrenzen herausführten. So trottete er los in die<br />

Weltgeschichte, richtete sich langsam auf und verlor sein dickes Fell. Später, viel später,<br />

nun schon als ausgewachsener Mensch, stellte er zwischen sich und die Welt höchst<br />

kunstvolle Zwischenglieder, die seine Sinne verlängerten und verfeinerten: Mikroskop,<br />

Fernrohr, Telefon. Was in jener Phase noch deutlich als Zwischenglied, als Weg<br />

gekennzeichnet war, verschwindet nun, etwa seit Mitte unseres Jahrhunderts, durch<br />

immer vollständigere Automatisierung. Was vordem nur Mittel zum Zweck war, wird durch<br />

Vervollkommnung selbst Zweck, wird zum Selbstzweck. Der Prozeß, der Weg, das<br />

Kostbare eigentlich, verschwindet im Ergebnis.<br />

Wo früher zum Beispiel die Rechenmaschine störend und ratternd und unter allgemeiner<br />

Anteilnahme nach längerer Mühe das Ergebnis hervorstotterte, erscheint heute zeitgleich<br />

mit der Aufgabenstellung die Lösung. Wieder bleiben wir draußen vor. Es läuft, aber es<br />

läuft ohne uns. Das alte Urmenschensyndrom! Der altvertraute Stumpfsinn, dasselbe<br />

Ausgeliefertsein, dieselbe Unmittelbarkeit! Nur mit dem Unterschied, daß sie nun globale<br />

Ausmaße hat. Noch verhängnisvoller!<br />

Auf dem weiteren Weg wird uns die Evolution schließlich noch von den letzten<br />

Rudimenten unseres vormaligen Menschenseins befreien: Die Hand, ehemals mit<br />

Fingerspitzengefühl ausgestattet und subtilster Verrichtungen fähig, wird sich dank<br />

hochempfindlicher Sensortasten zum quallenartigen Impulsauslöser qualifizieren.<br />

Irgendwann ist es dann vollbracht: der Übergang von der geistlosen Welt zum weltlosen<br />

Geist, selbstgenügsam in sich und in einem Reagenzglas ruhend.<br />

Anschauung ohne Einbildungskraft<br />

Umständlich entwickelte ich hier eine Horrorvision, dabei hätte ich hinsichtlich der<br />

bewußtseinsverbildenden Funktion moderner Medien, insbesondere des Fernsehens, viel<br />

eleganter einen weithin geschätzten Medienexperten herbeizitieren können:<br />

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