Autor: Tilmann P - Schorsch Kamerun
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”Auf einer Presse-Konferenz in Bonn machte der Bund (für Umwelt- und Naturschutz) darauf<br />
aufmerksam, daß sich nach seinen Erkenntnissen das Ausmaß der Baum-Krankheiten binnen<br />
Jahresfrist verdoppelt habe. Während 1983 etwa 30 Prozent der gesamten Fläche befallen<br />
gewesen seien, habe sich der Anteil der kranken Bestände gebietsweise auf 60 Prozent<br />
vergrößert.”<br />
was ist inzwischen dagegen unternommen worden? nichts. was wird in absehbarer zeit<br />
unternommen werden? sie ahnen es. bleifreies benzin ab 1986? lächerlich! um die bereits<br />
hereingebrochene katastrophe zu stoppen – rückgängig zu machen ist da nichts mehr –<br />
müßten augenblicklich notstandsgesetze zum schutz der umwelt in kraft treten. der private<br />
autoverkehr müßte drastisch eingeschränkt werden. eine unpopuläre maßnahme, die<br />
wählerstimmen kosten könnte. dazu der widerstand der wie noch nie florierenden<br />
autoindustrie ... nein, nichts wirksames wird geschehen. wie blanker hohn wirkten in<br />
dieser situation die lobeshymnen einiger minister auf die geschwindigkeitsräusche<br />
wildgewordener autokonstrukteure bei der letzten frankfurter messe. klar, abgebaut<br />
werden nur bundesbahnstrecken, autobahnen hingegen noch weiter ausgebaut, auch<br />
durch wald- und naturschutzgebiete. tempolimit kommt für den verkehrsminister nicht in<br />
frage – trotz verstärkter umweltbelastung und sprunghaft steigender unfallziffern wegen<br />
überhöhter geschwindigkeit. ja, es geht rundum aufwärts, beängstigend aufwärts! – was<br />
bedeutet das alles? gewissenlosigkeit, irrsinn, vogelstraußpolitik? ich zitiere eine<br />
“Spiegel”-notiz vom 17. oktober 1983:<br />
”Den sich häufenden Schadensmeldungen tritt die Bonner Regierung jetzt energisch entgegen:<br />
Am Montag vergangener Woche entschied die Runde der beamteten Staatssekretäre, das Wort<br />
“Waldsterben” ab sofort aus dem offiziellen Bonner Sprachgebrauch zu tilgen. Minister und<br />
Regierungsexperten hätten künftig ( ... ) von ‘neuartigen Waldschäden’ zu sprechen.”<br />
darf das alles noch wahr sein? was können wir einfachen bürger in unserer ohnmacht<br />
tun? ich meine, schon um unseres selbstverständnisses, um unserer moralischen<br />
glaubwürdigkeit willen bleibt uns keine andere wahl als zu sagen, was wir sehen, und<br />
auszusprechen, was wir darüber denken – jeder in seinem wirkungsbereich, jeder mit<br />
seinen mitteln, und sei es auch nur durch so stille zeichen wie die “winterrose” und das<br />
atemstück “fötus”, das sie zum abschluß hören werden.<br />
lassen sie mich damit den dank vom beginn meiner rede noch einmal aufgreifen. vielleicht<br />
wurde inzwischen deutlicher, warum ich diese preisverleihung über meine person hinaus<br />
wichtig und ermutigend finde: schon lange nicht haben progressive tendenzen, wie sie das<br />
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